Die Curva lebt! Die Mensch*schaft auch!

Was für ein Einstand zu Hause. Die Kurve voll und motiviert. Die Mensch*schaft auf dem Rasen hoch konzentriert und engagiert – vom Kopf, dem Keeper Mazzoni, bis nach ganz Vorne zu Siligardi, Dionisi und vor allem Luci. Grandios! Mit Padova war ein unangenehmer Gegner zu Gast, der im Rahmen des Calcioscommesse – der jüngste Wettskandal in Italien – mit einem Zweitpunkteabzug bestraft wurde und auch sonst nicht sonderlich symphatisch ist.

Eigentlich wollten wir das ganze Spiel sehen. Schließlich haben wir neuerdings  ’nen Beamer. Und der muß ja auch mal genutzt werden. Zum Beispiel zum Fußballkucken via livestream. Geklappt hat’s dann aber doch erst zur zweiten Hälfte. Obwohl, die letzten Minuten der ersten Hälfte gab’s doch schon zu sehen und vor allem die Zusammenfassung in der Halbzeitpause.

Livorno legte, so die Kommentator*innen gleich ordentlich los. Schon nach neun Minuten schlug es hinter’m Goalie ein. Der neuverpflichtete Veteidiger Ramos Borges Emerson ballerte direkt aus über dreißig Metern auf’s Tor und traf. Die Livornes* auf dem Rasen am feiern – und die auf den Rängen (und vor den Bildschirmen weltweit) erstmals in Ekstase. Die Padoves* mußten nun nachziehen und kamen mehrfach gefährlich vor’s Gehäuse von Mazzoni. Der hielt gestern aber spektakulär gut und holte einiges raus. Gegen den durch Alè Lambrughi abgefälschten Schuß von de Vitis nach einem Freistoß in der Nähe der Strafraumgrenze konnte er allerdings nix machen… Dann dauerte es offenbar. Zwanzig Minuten ging es gut hin und her. Bis Luca Siligardi endlich mal die Lücke fand. Sein direkt abgenommener Schuß von halbrechts ging unhaltbar ins Tor. Die Vorlage bekam er übrigens von dem vorbildlich ackernden Federico Dionisi mit der Brust. Den Ball servierte er direkt auf den Fuß von Siligardi, der voll abziehen konnte und traf. Wieder Party auf dem Platz, auf den Rängen und weltweit an den Bildschirmen.

Die zweite Hälfte begann fahrig. Padova wurde zunehmend stärker und die Livornes* ideenloser. Das Mittelfeld wurde mehr und mehr zum Zentrum des Spiels. Gute Kombinationen wechselten sich mit unnötigen Fehlpässen ab. Nach vorne ging lange wenig  bei Livorno. Der Strafraum der Gäste schien wie verrammelt. War er aber auch. Dann kamen mal mehr mal weniger subtile Nicklichkeiten der Gäste hinzu, die das Spiel der Livornes* massiv störten und sie aus dem Konzept brachten. Die Unparteiischen waren ab diesem Zeitpunkt der Partie sichtlich überfordert und so kam es zu einigen Fehlentscheidungen. Die Blödsinnigste war die gelbe Karte für Luci in der neunzehnten Minute. Cutolo, der schon zuvor und auch nach dieser Aktion mehrfach als besonders rabiat auffiel, schlug im Zweikampf mit dem Ellbogen nach hinten und traf Luci im Gesicht. Der ging zu Boden. Aber statt Cutolo mit ’ner Gelben zu bestrafen, bekam der Getroffene die Karte für ’ne vermeintliche “Schwalbe“. Naja…

Viel geholfen hat die Aggressivität der Gäste nich‘. Vielmehr sorgte sie fast für ’nen Elfer. Der Freistoß von der ganz linken Strafraumgrenze reichte aber auch. Alessandro Bernardini, seit Januar 2010 bei Livorno, köpfte völlig frei stehend zum 3:1 ein. Die Padova Abwehr im Allgemeinen und ihr Keeper im Besonderen sahen hierbei nich‘ besonders gut aus – Letzterer flog mit dem Ball im Arm in die Maschen… Die letzten Minuten wurden nochmal spannend. Mazzoni hielt eins ums andere mal grandios, so daß der Tirreno ein „Miracolo di Mazzoni“ entdeckt haben will. Und zwar in der dreißgsten Minute. Ein solches gab’s danach leider noch öfter. Seine Vorderleute ließen viel zu viele Lücken offen, welche die Gäste nutzen konnten. Nach einer turbulenten Schlußviertelstunde kam Padova doch noch zum 3:2 Anschlußtreffer und ließ die Livornes* noch ’ne Weile zittern. Die Ankündigung auf eine Nachspielzeit von sechs Minuten (!), obwohl es keine nennenswerten Unterbrechungen gab, brachte noch einmal Unruhe ins Stadion, aber glücklicherweise nicht in die Mensch*schaft der Livornes*. Es reichte für den Sieg!

Daß die Unparteiischen tatsächlich völlig überfordert waren, beweist eine klare, nicht geahndete Tätlichkeit des schon erwähnten Hooligan Cutolo gegen Luci. Er schlug den Livorneser Kapitän von hinten kommend im Vorbeilaufen mit der Faust ins Gesicht… Danach gab’s Tumult. Mazzoni mischte sich ein und schickte alle weg. Cutolo hielt sich zurück und blieb verschont. Krasse Scheiße. Für den offenbar übermotivierten Padoves*, der offensichtlich die falsche Sportart gewählt hatte – wenn er unbedingt Boxen will, dann soll er in den Ring steigen – muß es nachträglich eine Strafe geben. Aber das wäre wahrscheinlich zu viel verlangt…

Aber woll’n wir ma‘ nich‘ so sein, es hatte ja gereicht! Livorno hat gewonnen! Und steht nun auf dem zweiten Platz. Die Squadra bedankte sich brav bei der Curva Nord, die endlich wieder da laut die Mensch*schaft unterstützte. Mazzoni, der Mensch des Spiels, ging direkt in die Kurve und suchte das Gespräch – und wahrscheinlich die Glückwünsche für eine solch grandiose Leistung seinerseits.

Die Euphorie in Livorno ist nun riesig. Der Einstand hat geklappt. Amex schreibt für Alè Livorno, daß Nicola eine Gruppe von Spieler*innen in eine Mensch*schaft verwandelt hat und verweist so auf die sichtbare Einheit der Livornes*. Wichtig ist nun aber, daß diese Einheit und die Einigkeit auch bei den nächsten Spielen bestehen bleibt. Übrigens, so ergänzt Amex am Ende, hat Livorno bislang nur in der Serie A Saison 2005 / 2006 die ersten zwei Spiele gewonnen und ergatterte damals einen UEFA-Cup Startplatz. Aber wir wollen ma‘ nich‘ übertreiben…

Der Torschütze zum 2:1 Siligardi betonte nach dem Spiel in einem Statement, daß es nun genauso weiter gehen muß. Weiter sagte er: „Wir sind eine verschworene Gemeinschaft. In den schwierigen Momenten habe wir uns gegenseitig geholfen. Das war sehr wichtig für uns.“ Der Trainer Davide Nicola lobte in seiner Erklärung die Mensch*schaft und blieb gleichzeitig vorsichtig. „Es gibt noch viel zu verbessern und zu lernen“, sagte er. Außerdem bedankte er sich beim Publikum für die Unterstützung.

Alessandro Bernini schreibt in einem Kommentar für den rechtslastigen Tirreno, daß gestern einiges bemerkenswertes passierte und es so zu einer „finalmente“ (endlich) Partie wurde. „Endlich“ das erste Heimspiel im Livorno. „Endlich“ eine Mensch*schaft, die Lust hat zu kämpfen. Und „endlich“ eine Curva, die wieder zur Leidenschaft gefunden hat und die Mensch*schaft unterstützt. Letzteres galt zwar auch schon für das Ende der letzten Saison, aber der Aufbruch und Neubeginn in der Kurve scheint nun endgültig vollzogen zu sein. Es fehlt nur eine Gruppe, die nun den Support organisiert…

Forza Livorno!
Avanti B.A.L.!

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