„Haut die Schweine um“

Das war alles, was von den Stuttgarter*innen auf dem Rasen zu seh’n und auf den Rängen zu hör’n war. Mehr gibt’s nich‘ zu sag’n. Selbst die vier Kuttenrostocker*innen erhöhten den Unterhaltungswert nich‘. Echt erschreckend widerlich, was sich da im Gästeblock versammelt hatte. Die Blauweißen auf’m Rasen und in’ner Kurve entschädigten aber mehr als großartig für die Unzulänglichkeiten der geballten hanseatischen Macker*innen-Elite und lächerlichen Schwab*innen. Es gab nämlich ma‘ wieder so richtig Herzrasen – in’ner Nordkurve, in‘ ander’n Blöcken, auf d’Tribüne und überhaupt überall.

Und deshalb will ich diesma‘ den Spieler*innen von dieser Stelle aus ein großes Kompliment machen. Ich glaube, die Mensch*schaft hat endlich kapiert, worum es den Fans geht. Die Kritik und Frustration, die Unruhe und die Sticheleien sowie die Unzufriedenheit richten sich in erster Linie gegen den Vorstand im Allgemeinen und Klausi Antichaoti im Besonderen. Das die Fans die Spieler*innen respektieren und sogar zusammen sehr gut können, bewies der nette Plausch am Mittwoch mit Trainer Christian Benbennek, Keeper Frederic Löhe und dem Rasenakkordarbeiter Markus Müller. Deshalb hat mich gestern nich‘ überrascht, daß sich die Mensch*schaft samt Trainer zu Spielbeginn die Motivation in’ner Nordkurve abholten, sich von ihr sichtbar pushen ließen und dementsprechend alles aus sich rausholten. So ganz ein Herz und eine Seele sind wir noch nich‘, aber was nich‘ is‘, kann ja noch werd’n… Grandios!

Trotz dieser neuen Einheit und dem gemeinsamen Willen bekam Kläuschen auch sein Fett weg. Das ganze Spiel über hing, hübsch gegenüber der Haupttribüne, der wichtigste Gruß an den Vorstand und die Geschäftsführung. Statt quasireligiösem Rumgesülze und kreativlosem t.i.n.a. (there is no alternative) Geblubber, das mehr an die Eiserne Lady, die Bundesmutti, den Bautmehrzweckstadienzwanziger und andere gruselige Gestalten erinnert, präsentierte die Gegengrade ein zünftiges „Klaus muss raus“. Jawoll, so is’es nämlich Brüggemann, verpiß dich endlich!

Aber komm‘ wir zu erfreulicherem zurück – nämlich zum Spiel. Der SVB legte gleich zu Beginn ’ne flotte Sohle auf’n Rasen. Der Ball rollte zielstrebig nach vorne und wollte spürbar ins gegnerische Tor. Nach wenigen Minuten war’s dann soweit. Kreuels stocherte mit Erfolg im Fünfer in Richtung Stuttgarter Kasten. Und so zappelte das Leder folgerichtig in den Maschen. Der Jubel auf’m Rasen und in’ner Kurve war grenzenlos. Gefühlte zehntausende Wackersteine purzelten zu Boden und entließ die Blauweißen in eine ekstatische Hopserei. Denn nix Schweres hielt die Babelsberger*innen nun mehr fest. Yeah!

Danach folgte nur noch Kampf. Die Gäste taten, was schon erwähnt wurde. Kreuels flog, weil eine*r der angereisten Hooligans so herzhaft dramatisch fallen und rumliegen konnte. Schade für ihn- Am Ergebnis änderte diese ärgerliche Episode aber nix. Denn getreu dem Motto „Wir gewinnen! Wir gewinnen! Wir gewinnen sowieso!“ steckten die Babelsberger*innen nie auf – nich‘ in der ersten Hälfte, nich‘ in der zweiten Hälfte und erst Recht nich‘ in der mindestens sieben minütigen Nachspielzeit. Ich hab‘ im KarLi selten eine so selbstbewußt auftretende, so sicher verteidigende und vor allem so motivierte Mensch*schaft geseh’n. Selbst so manche Unzulänglichkeiten, leider viel zu oft von Touré, der sich dennoch bemühte, wurde von den Mitspieler*innen souverän ausgebügelt. Und wenn sich doch ma‘ ein Schüßchen in den Torraum verirrte, pflückte Löhe die Bälle konzentriert in seine Arme. Übrigens, der Frederic is‘ ’nen richtig symphatischer Mensch… Merkt euch das! Und wenn ihr wat wollt, zögert nich‘ ihm Bescheid zu sag’n. Er wird euch bestimmt nich‘ abweisen… Aber Schluß mit dem Bauchpinseln!

Ich war nämlich doch, muß ich leider zugeben, nich‘ durchgehend überzeugt. So um die sechzigste Minute herum, war mir richtig schlecht. Ich dachte, ich halt’s nich‘ mehr aus. Diese Anspannung, diese verdammte Nervösität, diese Angst durch irgend so’n Scheiß doch noch den Ausgleich zu kassieren… Ich war kurz davor aus d’Kurve zu verschwinden. Auf’n Zaun zu klettern und den Linienflitzer anzupöbeln oder sonst ’nen Blödsinn zu machen. Unerträglich war’s… Hab mich aber glücklicherweise wieder eingekriegt. Auf’n Zaun wär‘ ich wahrscheinlich gar nich‘ gekommen oder besser, wenn doch, wär‘ ich nich‘ mehr runter gekommen. So hab ich einfach noch ’nen bißchen lauter gesung’n, bin rumgehüpft und hab mich treiben lassen.

Letzteres, also sich einfach ma‘ geh’n lassen und nich‘ drüber nachzudenk’n, was grad abgeht, galt übrigens nich‘ nur für mich. In den Gesichtern war wie auf’m Rasen trotz bescheidenen Wetters die pure Motivation zu les’n. Die zahlreichen Doppelhalter paßten super zur Stimmung. Jede*r schnappte sich so’n Teil und präsentierte allein oder zu zweit ’nen hübsches Intro. Dazu ’nen durchgehender Gesang. War echt super. Leider ging’s so laut nich‘ weiter. Erst beim brachial lauten „Darum feiern wir“ war die Nordkurve und die Gegengrade voll da. So laut hab‘ ich diesen Schlachtruf, glaub‘ ich, noch nie gehört. Dieser Schall – der Hammer! Die zweite Hälfte, im chorischen und visuellen Support zwar nich‘ mehr ganz so geschlossen und durchgehend, bot meiner Ansicht nach dennoch sehr viel mehr von diesen Hammermomenten. Mehrfalls schallte das „We love Nulldrei“ durch’s KarLi – so laut, als ob nur noch eine fette Stimme die Mensch*schaft zum Sieg gröhlen wollte. Das „Aux Armes“ knallte ebenfalls ordentlich. Richtig gut fand ich aber die Dynamik in’ner Kurve. Zum Teil brauchte es gar keine Vorsänger*innenansagen mehr. Es lief von selbst. Entweder legten die Trommler*innen vor und die Kurve zog nach. Oder der Gesang brach einfach los und zog in Wellen durch die Geraden.

Zwar leider nich‘ bis zu Tribüne. Die hatte aber auch anderes zu tun. Auffällig zielstrebig sammelte sich die sitzende Fan-Elite im Zentrum beim Spieler*innen-Tunnel, sehr agil und gar nich‘ mehr an die Schalen gefesselt, um, wie ich vermute, ordentlich zu pöbeln. Mensch kennt ja diese Freizeitexpert*innen. Sie meckern in’ner Woche auf die bösen autonomen Chaot*innen, rechtfertigen vielleicht die jahrelange Verleugnung ihrer Ideale, aber wehe der Samstag kommt: dann erwacht das Biest. Naja, lass’n wir das… Is‘ ’ne ganz andere Geschichte!

Es war ein schöner Samstag gestern. Er war fast perfekt. Es fehlte lediglich Sonnenschein und Pyro… Naja, vielleicht auch noch anderes. Aber Stimmung, Emotionen, Herz und gutes Essen gab’s. Danke Nordkurve! Danke ihr Verrückten! Wir seh’n uns gegen Preußen Münster und knüpfen am Erlebten (hoffentlich nahtlos) an…

Schicke Bilder gibt’s bei unseren Freund*innen vom Filmstadt Inferno ’99

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