Alles unpolitisch oder was?

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In der vergangenen und auch in der aktuellen Saison verirrten sich auch in die Heimsektoren des Karl Liebknecht Stadion immer wieder organsierte Nazis, rechtsoffenen Hooligans sowie Menschen, die der sogenannten Grauzone zu zu ordnen sind. Auch in der Nordkurve war und ist Merch von rechtsoffenen oder Grauzonen Bands zu sehen. Ob ein Zusammenhang zwischen der zunehmend ungenierten Anwesenheit von Nazis und der vor allem an Spieltagen lange in der Kurve ignorierten Thematik Grauzone besteht, ist nicht ganz klar. Sicher ist aber, daß der diskriminierungsfreie Ort Nordkurve durch diese Entwicklung massiv gefährdet ist. Um auf diese Entwicklung zu reagieren, wurde am vergangenen Samstag folgender Text verteilt.

Hallo liebe Nordkurve,

mit diesem Text, der gleichzeitig als Einladung verstanden werden kann, wenden wir uns als ein Teil der Nordkurve an Euch im Allgemeinen und an Dich im Speziellen.

Sicherlich ist es auch Deiner Aufmerksamkeit nicht entgangen, dass es in den letzten Monaten verstärkt Debatten innerhalb und außerhalb der Kurve gab, in denen über die Problematik rechtsoffener Bands diskutiert wurde. Leider blieben nicht alle Auseinandersetzungen auf einer verbalen Ebene. Nach dem Sankt-Pauli-Spiel kam es zu einem handgreiflichen Konflikt. Dazu wollen wir es nicht wieder kommen lassen und versuchen nun, Mittel und Wege zu finden, wie wir einen vernünftigen Umgang und eine Diskussionskultur zu den Thematiken der Rechtsoffenheit und der Grauzone schaffen können.

Die Vergangenheit hat uns zwei Dinge bewiesen:

    1. Das Interesse am Thema ist in weiten Teilen der Kurve vorhanden. Eine erste Informationsveranstaltung zur „subkulturellen Farbenlehre“, die der Fanbeirat mit dem apabiz organisierte, fand großen Zuspruch.
    2. Um für das Thema zu sensibilisieren, muss eine Form der Aufklärungsarbeit gefunden werden, bei welcher sich Leute nicht vor den Kopf gestoßen sondern mitgenommen fühlen.

Aus diesen Gründen ist es uns enorm wichtig, dass der Prozess des Umganges mit der Thematik von weiten Teilen der Nordkurve mitdiskutiert und mitgetragen wird. Dabei spielt es in erster Linie keine Rolle, ob ihr damit schon konfrontiert wurdet oder erstmalig damit in Berührung kommt.

Fakt ist, dass es nahezu an jedem Spieltag der Fall ist, dass sich in der Nordkurve Bekleidungsstücke von rechtsoffenen Bands wiederfinden. Diese Bands agieren in einem Spektrum, in welchem es zu personellen und inhaltlichen Überschneidungen zu bspw. rassistischem, sexistischem und nationalistischem Gedankengut und Strukturen kommt. Es sollte klar sein, dass eine Tolerierung dessen für eine Kurve, die sich als weltoffen und progressiv versteht, unmöglich ist. Dies hat die Nordkurve immer wieder auch öffentlichkeitswirksam bewiesen und es besteht ein ungeschriebener Konsens.

Gerade in Bezug auf die „Grauzone“ ist die Sache dann aber doch nicht ganz so klar und es gibt einen großen Interpretationsspielraum, da die Musikbranche bekanntlich riesig und kaum überschaubar ist. So finden sich in nahezu allen Richtungen (vom Hardcore über Rock bis hin zum HipHop) auch rechte Strukturen, denen es entschieden entgegen zu treten gilt. Insbesondere im großen, unpolitischen Gemenge von Bands gibt es daher auch viele, bei denen die politische Ausrichtung anderer (auch befreundeter) Bands keine so große Rolle spielt. Die Folge ist eine rechte Unterwanderung von Subkulturen. Aber: Wo fängt sie an? Schützt schlichte Unwissenheit vor Konsequenzen? Setzen sich die Leute, die Merchandise einer rechtsoffenen Band tragen damit auseinander? Finden Reaktionen nach dem Konfrontieren mit der Thematik statt oder wird es einfach nur als Antifa-Gequatsche abgetan?

All diese Fragen wollen wir gemeinsam mit DIR bearbeiten, um Lösungen zu finden, wie wir zukünftig in der Nordkurve damit umgehen, wenn Menschen mit entsprechenden Kleidungsstücken auftauchen.

Scheue dich also nicht und komm’ zu unserer ersten Diskussionsrunde in den Fanladen. Diese findet am 05.09.2013 um 19 Uhr statt!

In einem ergebnisoffenen Prozess ist deine Meinung gefragt. Nur wenn wir es schaffen, jetzt den Stein ins Rollen zu bringen und alle Leute mit ins Boot nehmen, können wir zukünftig verhindern, dass es zu Unstimmigkeiten innerhalb der Kurve kommt, da dies ein Versuch einer gemeinsam abgestimmten Vorgehensweise ist.

Darüber hinaus wollen wir auch die breite Masse im Stadion für das Thema sensibilisieren, weshalb in den nächsten Stadionheften (heute gegen Halberstadt und gegen Jena) Texte zu den Themen Grauzone und den in der breiten Gesellschaft akzeptierten Bands „Böhse Onkelz“ und „Frei.Wild“ erscheinen.

Weiterhin soll es auch weitere Informationsveranstaltungen zum Thema geben. Eine erste plant der Fanbeirat gerade zum Thema „Grauzone im HipHop“.

Wir freuen uns auf eine diskussionsfreudige und ergebnisorientierte Zukunft =)

Auf der Rückseite des Flyer befand sich ein weiterer Text (pdf), der in das Thema Grauzone einführt. Er stammt von den North-East Antifascists (nea) und wurde in der Nulldrei Ausgabe #4 zum Spiel des SVB gegen Halberstadt abgedruckt.

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