Watn Theater XXXIII – Vom Glücklichsein

Was war das für’n Spiel gegen Luckenwalde. In’er ersten Hälfte ging’s ordentlich hin und her. Nulldrei hatte einige Chancen und machte sie einfach nicht rein. Und dann zappelt kurz vor dem Pausenpfiff der Ball doch noch in den Maschen… Schuß. Wiedermal der Torwart dran, der zur Ecke klär’n will. Aber diesmal schafft’ers nich. Er lenkt den Ball gegen den Pfosten. Und drin. Schön! Einfach nur schön. Und so langsam, wie die Plastikkugel ins Tor kullert, macht sich so’ne wunderbare Wärme in mir breit. Ganz langsam. Schön warm. Und sie will nach draußen. Mit einem entspannten Lächeln. Ja! Einfach nur ein fettes Lächeln. Kein großes Rumspringen. Nur ein glückliches Lächeln. Es fühlte sich wie’n Leuchten von innen an. Wahnsinn!

So was wird, glaub ich, üblicherweise Freude oder Glück genannt. Aber irgendwie treffen diese Begriffe das Gefühl, des emotionalen Stillstand in wohliger Wärme oder, anders gesagt, den unmittelbaren Affekt nich richtig. Denn Freude und Glück scheinen zu schwach und zu statisch, um die ganze Bewegung des Moments zu beschreiben. Es ist eben nicht nur ein Glücklichsein, sondern ein Glücklichwerden, das passierte. Auf englisch ist das Wortspiel schöner: Happiness as a happening, wie die Gendertheoretiker*in und Affekttheoretiker*in Sara Ahmed solche Momente beschreibt, paßt besser. Und noch was anderes ist interessant an dieser Perspektive. Denn Happiness als Happening bindet das Gefühl Glücklichzusein an etwas, an ein Ereignis, an einen Vorgang, eine Bewegung oder sogar an ein Objekt, das dann zum Happy Object wird.

Wie zum Beispiel ein Sieg im heimischen Stadion oder auswärts. Den jede*r Einzelne gemeinsam mit anderen, mit Freund*innen gleichzeitig zusammen und für sich ganz speziell erlebt. Und in solch einem Spiel, wie dem grandiosen Sieg gegen Luckenwalde, fällt so viel zusammen. Die einzelnen Tore war’n eins besser als das andere. Die TickiTackaKombinationen, die oft schiefgingen, manchmal aber einen Spielfluß, eine Bewegung kreierte, in dem Einzelne in einem großen Ganzen aneinandergebunden erschienen, waren wunderschön. Da bleibt dir einfach nur ein tiefes Lächeln, ein ganz warmes Lächeln, dass einfach nicht aufhören will.

Jeder Sieg is besonders. Manchmal is er einfach nur schön. Manchmal denkste dir: Wat anderet war och nich zu erwartn. Ich denke, jede*r freut sich über einen Sieg und is glücklich. Das heißt, an’nem Sieg klebt immer was Gutes, ein schönes und warmes Gefühl. Ein Sieg is für Fußballfans wahrscheinlich DAS Happy Object schlechthin. Er ist niemals schlecht. Selbst wenn er durch einen unberechtigten Elfer erreicht wurde, wenn der Schiri so lange hat spieln lassen, bis der Ball dann doch noch zum entscheidenden Tor zwischen den Pfosten landete. Nix kann einen Sieg störn. Vielleicht bis auf die Stänkerer*innen und ewig pessimistischen Nörgler*innen, die immer nen Haar in der Suppe finden. Selbst bei so’nem Sieg wie gegen Luckenwalde. Da wird sich dann am völlig unnötigen Gegentor in der Nachspielzeit hinab gezogen, bis nix mehr übrig bleibt vom schönen Glücksgefühl.

Kritiker*innen sind sowieso immer die Dummen. Selbst wenn sie Recht zu haben scheinen und der gesunde Menschenverstand, dir sagt: Jenau, so siehts aus, so geht’s nu wirklich nich. Kritiker*innen stehn immer blöd da. Wenn du den Glückstaumel störst. Oder auch wenn du gegen Rassismus, Homophobie, Sexismus und überhaupt gegen diskriminierende oder irgendeine andere menschenfeindliche Scheiße intervenierst. Du bist die* Spielverderber*in, der Arsch oder der Oasch, der dämliche Beidl*, der Schoitl*, des Schwammerl… Also: Du hast voll verlorn, wenn du dich dem Happy Object nicht anpaßt und auch glücklich bist. Wenn du zum Beispiel als queeres Pärchen nich in das vermeintlich achso glückliche Bild der Reproduktionsinstitution Hetero-Ehe paßt. Oder wenn dir, wie Jess in „Kick it like Beckham“, als indisches Mädchen* Fußballspielen verboten wird. Aber wie im Film wird immer alles gut.

Die Guten müssen einfach gewinnen. Selbst wenn sie die glücklichmachenden Sachen ins Gegenteil wenden müssen. Denn Menschenverstand, Liebe und Freude sowie selbstverständlich das Glück der Tüchtigen setzen sich am Ende immer durch. Immer! Wie am letzten Heimspieltag. Als Nulldrei nach Jahren endlich mal wieder so souverän, so überwältigend gewonnen hat. Und beim ersten Tor das Lächeln und das Glück ganz langsam, ganz warm von Innen nach Außen zu leuchten begann, als Happiness zum Happening wurde. Und gar nicht mehr aufhören wollte. Hach war das schön….

Zuerst veröffentlicht im Ultra Unfug #227

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