Fußballfans gegen Homophobie

Der Fußballsport ist eine der letzten Bastionen der Ausgrenzung homosexueller Menschen. Vermeintlich „männliche“ Eigenschaften wie Härte, Kampfgeist oder Durchsetzungsvermögen werden exklusiv heterosexuellen Spieler*innen zugeschrieben. Schwulsein gilt als Synonym für Schwäche. Das Resultat zeigt sich auf den Rängen, wo kollektiver Rausch und die Anonymität der Masse den Raum schaffen für unverhohlene und aggressive Diskriminierung. Gleichzeitig wird das Problem in den Vereinen tabuisiert. Homophobe Entgleisungen der Akteur*innen sind aber auch dort regelmäßig auf allen Ebenen zu vernehmen.

Die Aktion „Fußballfans gegen Homophobie“, organisiert von den Aktiven Fans des Fußballvereins Tennis Borussia Berlin und vom Projekt Soccer Sound des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD), möchte dem entgegenwirken. Ein 6m x 1m großes Banner mit der Aufschrift „Fußballfans gegen Homophobie“ wurde gemalt und reist durch die Stadien. Auf dem Banner sind zwei sich küssende Fußballspieler*innen auf lila Grund vor der Regenbogenflagge zu sehen. Ziel der Aktion und der Kampagne ist es die anti-homophobe Botschaft offensiv in die Öffentlichkeit und vor allem in die Kurven zu tragen.

Die Fans des Berliner Sechstligisten setzen sich schon seit Mitte der 90er mit dem Thema Homophobie im Stadion auseinander und unterstützen zahlreiche Projekte des LSVD. Am Anfang sollte das Banner ein Beitrag von Tennis Borussia zur FARE-Week der Organisation „Football Fans against Racism in Europe“ im Oktober 2011 werden. Ursprünglich sollten es 4-5 Stationen in Deutschland geben. Doch nach den ersten Gastspielen in befreundeten Kurven gab es Anfragen von Vereinen, mit denen die Initiatoren*innen nicht unbedingt gerechnet hatten. Die Aktion wurde zum Selbstläufer.

Bis heute hing das Banner in mehr als 20 Kurven von der 1. Bundesliga bis zur Freizeitliga. Darunter sind auch einige Stationen im benachbarten Ausland wie der Schweiz, Luxemburg und in Österreich. In einem Paket mit zahlreichen Aufklebern von allen Stationen schicken sich die Fangruppen das Banner gegenseitig zu. Die Gruppen vor Ort ergänzen die Aktion oftmals durch eigene Inhalte. Es fanden bereits Diskussionsveranstaltungen und Themenabende statt. Texte fürs Stadionheft oder eigene Pressemitteilungen entstanden. Außerdem gibt es bereits erste Banner im gleichen Design – dann aber selbstverständlich in den eigenen Vereinsfarben, wie bei Hannover 96 in grün und schwarz.

„Wir sind selbst sehr überrascht! Wir hätten nicht mit einer solch positiven Resonanz gerechnet“, erzählt uns Christian Rudolph, eine*r der Organisator*innen. „Das sind Prozesse, die uns besonders freuen. Hier bringen die Fans das Thema in die Kurven und in die Vereine und tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, dass sich das Klima in den Fußballstadien verbessert.“ Auf der anderen Seite gab es aber auch  erste negative Reaktionen. Wuppertaler Ultras kopierten das Banner und kommentierten es mit „Muss das sein“. In Fanforen kommt es immer wieder zu verbalen Entgleisungen, wenn das Banner angekündigt wird. Allerdings gibt es entsprechenden Gegenwind von den Unterstützer*innen und es entstehen nicht selten Diskussionen zum Thema.

Ebenfalls positiv zu bewerten ist, dass neben den Anfragen zum Banner vermehrt Fangruppen um Rat bitten, wie Homophobie in den eigenen Reihen thematisiert werden kann. Mittlerweile ist mit Hilfe der Unterstützer*innen ein breites Netzwerk entstanden, das am letzten Juni Wochenende 2012 in Berlin zu einem ersten Netzwerktreffen zusammen kommt. Das Wochenende wird mit einer Podiumsdiskussion eröffnet. Danach startet ein Fußballturnier von TeBe-Fans unter dem Motto „Fußballfans gegen Homophobie“. Die Kampagne, so verrieten die Organisator*innen, läuft weiter. Erste Stationen für die Hinrunde der Bundesliga-Saison 2012/13 und erstmalig auch in der Berliner Uni-Liga stehen fest.

Rudi Büffel
Erstveröffentlichung
in Diario di Dario

Zur Kampagne gibt es mehrsprachige Flyer, Aufkleber und Shirts. Mehr Informationen zu den Stationen gibt es unter hier