Freiheit für die Gefangenen in Belorus!
Am 27. April begann die Saison für unsere Freund*innen von Partizan Minsk. Ihr erstes Spiel der neuen Saison in der 2. Belarussischen Liga (Gruppe B) führte sie auswärts nach Klezk, wo sie gleich einmal zum Auftakt mit 3:0 gewonnen haben. 250 Fans sahen den Sieg und unterstützten ihr Team. Das erste Heimspiel fand am 4. Mai statt und wurde mit 2:1 ebenfalls gewonnen. Das Spiel sahen mindestens 200 Menschen. Am 11. Mai, als Babelsberg in Magdeburg gastierte, war auch Partizan unterwegs. In Zhitkovichi gewannen die Rotweißen mit 2:0. Lediglich 25 Fans fuhren auswärts. Am 18. Mai spielen die Minsker*innen aufgrund der Eishockey WM erneut auswärts. Diesmal ging es ins nahegelegenen Uzda zu Belita-Viteteks. Das Spiel endete nach einer 2:0 Führung doch noch unentschieden. Mit 65 Menschen waren wieder etwas mehr dabei.
Wie ihr sehen könnt, läuft es zumindest sportlich sehr gut für Partizan. Nach vier Spielen stehen drei Siege und ein Remis zu Buche – das kann sich sehen lassen. Der Verein kämpft aber wieder mit Widrigkeiten aus verschiedenen Richtungen. Am 24. April wurde die Partnerschaft mit dem erst vor wenigen Monaten gewonnenen Medienoligarchen Vladimir Grevzov beendet. Wieder zieht sich ein „Gönner“ überraschend zurück. Damit hat der Verein seinen Sponsor verloren und die Finanzierung ist massiv gefährdet. Hinzu kommt, daß am 6. Mai zunächst vier und am folgenden Tag drei weitere Fans von Partizan Minsk festgenommen und zu mindestens 10 Tagen Arrest verurteilt wurden. Es wäre nicht verwunderlich, das die Repression viele Fans eingeschüchtert hat und deshalb im Vergleich zu den ersten Spielen nur so wenig auswärts dabei waren.
Die Verhaftungen stehen übrigens im direkten Zusammenhang mit einer Kampagne des belarussischen Regimes, das seit dem 24. April unter konstruierten Vorwürfen Anarchist*innen, Oppositionelle, aktive Fußballfans und andere engagierte Bürger*innen verfolgt. Bis heute (Stand 13. Mai) wurden insgesamt 32 Menschen inhaftiert und zu Arrest von 10 bis 25 Tagen verurteilt. Ein Drittel davon sind Fußballfans der Fußballklubs Partizan Minsk und BATE Borisov. Das sieben unserer Freund*innen verhaftet wurde, könnte mit der forcierten Auflösung eines Kampfsportturniers zusammenhängen, das für den 3. Mai von militanten, russischen Nazis der Gruppe Rus‘ Molodaja (Junges Russland) in Minsk organisiert wurde. Einige Fans machten sich auf den Weg, um die Veranstaltung zu verhindern, was auch gelang. Diese begrüßenswerte Aktion führte womöglich dazu, daß sich die Sicherheitskräfte an das Engagement von Partizan erinnerten und mit einer Verzögerung von wenigen Tagen auch sie in die bereits laufenden Repressionsmaßnahmen einbezogen.
Betont werden muß erneut, daß die Vorwürfe, auch wenn sie sich auf vermeintlich „kleineren Hooliganismus“ beziehen, konstruiert sind. Dieser Straftatbestand gilt als strafrechtliche Chiffre für sämtliche politische Aktionen oder simples vermeintlich “ungebührliches” Verhalten. Andere verhaftete Aktivist*innen und Bürger*innen sitzen wegen dem ebenfalls oft zur Rechtfertigung repressiver Maßnahmen verwendetem „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ oder sogar wegen einer schnöden „Ruhestörung“, die von erbosten Nachbar*innen wegen zu lauter Musik angezeigt worden sein soll. Eine derartige Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen Engagement gibt es auch in Deutschland. Die Willkür der Behörden und die Gefahr Jahre im Knast zu vergammeln oder sogar als vermeintlicher „Terrorist“ exekutiert zu werden, ist aber einzigartig.
Es ist erschreckend, was in Belarus passiert. Das weitestgehende Schweigen im „Westen“ macht dagegen nur noch wütend. Da wird lieber „rein sportlich“ über die Eishockey WM berichtet und die im Knast sitzenden Menschen bleiben unerwähnt. Der Sportevent ist eben doch wichtiger als die Repression. Es sind lediglich Fußballfans, die sich dem Schweigen verweigern und Solidarität mit den Inhaftieren zeigen. Die Nordkurve Babelsberg, die Südkurve von Sankt Pauli und die Gruppe „Nackte Reiter“ aus Bad Langensalza zeigten am vergangenen Wochenende Banner und Tapeten, die darauf aufmerksam machen sollten, was zurzeit in Belarus passiert und daß das Sportereignis Eishockey WM auf dem Rücken der unschuldig im Knast Sitzenden ausgetragen wird. Also: Wenn ihr an dieses Scheißnationen-Turnier denkt, vergeßt nicht die Gefangenen!
Aktualisierte Version des Artikels aus dem Ultra Unfug #199
Schlagworte: Partizan Minsk, Repression, Solidarität