Wat’n Theater IX – (K)ein Monolog

bfc-svb-20-09-2014

Wißt ihr was ein Monolog ist? Na klar. Ganz Bestimmt. Denkt ihr euch. Das is so was, wenn irgendwer mit sich selbst redet. Wenn ein Mensch, redet und redet und redet und keine*r ihn aufhalten kann. Das is das Gegenteil von Dialog, wo zwei Leute sich unterhalten.. Tja, sag ich da, so einfach und richtig. Aber das is noch lange nich alles. 

Ich sitze ja auch gerade hier, viel zu früh übrigens, die Versoffenen kommen gerade erst aus den Klubs, die ersten schlafwandeln zur Lohnarbeit, so manche*r Schüler*in schleppt sich in die pädagogische Konditionierungsanstalt, um dort von engagierten und freigeistigen Lehrern auf den Pfad der Tugend gebracht zu werden… Kurz: Nur diejenige*n, die müssen, sind schon wach. Und ich! Und ich schreibe mit mir selbst. Ich tippe meine Gedanken zum Monolog und halte gleichzeitig selber einen. Und so richtig voran komme ich doch nich… Zu meiner Verteidigung will ich noch ergänzen, daß ich ja eigentlich nich monologisiere. Denn ich will ja euch was näher bringen. Ich hab ja nen Gesprächspartner*in, oder besser, ne*n Adressat*in. Und diejenige*n, für die ich das alles aufschreibe seid ihr!

Naja, ehrlich gesagt, ganz so is es dann doch nicht. Ich schreibe ja nich nur für euch. So’n bißchen schon. Dis hier is ja schließlich kein Tagebuch, was ich nur für mich schreibe. Ich möchte schon auch gerne, daß ihr wat mitnehmt aus meinen Kolumnenmonologen. Aber son’n bißchen schreibe ich auch für mich – um Gedanken zu ordnen, auch mal zu meckern, Verknüpfungen herzustellen. Und vor allem: Vielleicht mir am meisten selber zu beweisen, daß dieses ganze Rumgehampel in’er Kurve, das Lappen malen, Fahnen wedeln und das chorische Singen etwas mehr als unsinnig naiver Fanatismus is… Und Apropos Chor. Da sind wir nämlich schon fett in der literatur- und theatertheoretischen Diskussion über den Monolog. Denn die ganzen klugen Köpfe vor allem seit der Renaissance haben sich mächtig das Hirn zermartert, wie sie mit dem Monolog umgehen sollen. Ihr Lieblingsfetisch, das antike Theater, kannte so was nämlich nich. Da gabs einen Chor. Der stand vor der Bühne rum, sang fröhlich vor sich hin, kommentierte das Bühnengeschehen und fuhr den „Helden“ gerne mal dazwischen. Dieser kollektive Akteur verschwand aber allmählich. Und machte Platz für den Monolog. Zum Beispiel für den wahrscheinlichsten berühmtesten Monolog in dem ein gewisser Hamlet rumheult, in Selbstmitleid zerfließt, mit seinem Leben hadert und eigentlich nur schlafen will. Oder doch nicht, wer weiß…

Auf jeden Fall hielten die Fanatiker der Wahrhaftigkeit, die französischen Regelungsfetischist*innen der Renaissance, wenig vom Monolog. Der soll unglaubwürdig sein. Denn, wie der deutsche Miesepeter Gottsched (den ich, glaube ich, schon beim letzten mal erwähnt habe) und absolute Komödienfeind brav den Klassizist*innen nachplapperte: „Kluge Leute aber pflegen nicht laut zu reden, wenn sie allein sind.“ Grund soll die fürs Theater zwingend nötige vraisemblance, die Wahrscheinlichkeit oder Glaubhaftigkeit, sein. Hah! Sag ich da nur… Wie lächerlich is das denn… Da stehn auf der Bühnen irgendwelche Typen in bunten Kostümchen rum, stelzen über die Planken, reden geschwollen in Versen miteinander, ohne sich zu berühren – schließlich muß das Gebot der bienséance, des Sittlichen und Antikörperlichen eingehalten werden – und dieser barocke, deutsche Spaßverderber aus Leipzig faselt von Wahrscheinlichkeit. Daß da Blödsinn is, fiel dann schon einigen auf und so wurde der Monolog ein Renner. Lessing mochte ihn. Goethe ließ seinen Faust allein mit sich selbst reden. In den Schauspielen der Theaterrevoluzzer wurde der Monolog sogar nochmal aufgewertet und zum Monodrama – also einer Einpersonenaufführung – kultiviert.

Aber, mögt ihr euch fragen, was hat das eigentlich mit Fußball zu tun. Tja: „… ist hier die Frage.“ Was hat der Monolog mit dem Event Fußball zu tun. Ganz schön viel! Kann ich da nur antworten. Es gibt ganz ganz viele Monologe – egal ob auf dem Heil’jen Rasn, wie es die Rhoten Rhomben ausdrücken würden, oder auf den Traversen. Auf dem Platz gröhlt immer wieder irgendwer rum. Am tragischsten sieht da die*er Trainer*in-Regisseur*in am Rand aus. Die Anweisungen von außen scheinen einfach nie oder zumindest nicht konsequent genug umgesetzt zu werden. Dann gibt es da noch den Kapitän… Ach mensch, da fällt mir auch so ein lyrischer Monolog ein: Nämlich Walt Whitmans Gedicht „O captain! My captain!“, das durch den „Klub der Toten Dichter“ aufgewärmt wurde… Also: Der Kapitän ordnet im geschrienen Monolog sein Team. Und auf den Traversen gibt es immer wieder diese emotionalen Kommentare einzelner, die sich wahlweise über die blinden Spieler*innen und Unparteiischen oder andere Belanglosigkeiten mächtig echaufieren können. Es gibt die Zaunanimateur*innen, die versuchen in Dialog zu treten, denen aber immer nur nachgeplappert wird… Upps, da hab ich mich vertan. So soll’s ja auch sein… Und selbstverständlich gibt es den Supportmob, der als Kollektiv einen im besten Fall 90-minütigen Monolog führt und versucht möglichst laut zu sein. Der Gesprächspartner soll zwar das Team sein. Aber wie auch bei den Monologisierenden auf dem Rasen, reagiert der selten.

Aber manchmal wird aus dem Monolog dann doch ein Dialog. Und aus dem Supportmob ein antiker Chor. Und manchmal wird mein Kolumnenmonolog im Nachhinein zu Dialog. Und selbst dieser Text, vor allem diese Kolumne, ist ein Beispiel dafür. Denn, falls es euch noch nicht aufgefallen ist, es fehlt in dieser Kolumne etwas. Is euch noch nicht aufgefallen.. Hm… Denkt mal nach… Es fehlt nämlich der Dialekt! Ja, dieses schnodrige „Falsch“-Schreiben ist nur selten zu lesen. Ich hab es mal weggelassen, weil ich darauf aufmerksam gemacht wurde, daß das ein bißchen zu viel des Guten (oder Schlechten) war. Naja. Ich hab schon ein bißchen übertrieben. Aber nur ein bißchen.. Aber ihr seht, manchmal ist es doch wichtig die Selbstgespräche zu lassen und in den Dialog zu treten. Nicht nur auf dem Rasen, sondern auch in der Kurve. Der Mensch auf dem Zaun will nämlich, denke ich mal, auch nicht immer nur monologisieren, sondern viel mehr einen Chor dirigieren. Die Reaktion dieses hübschen Heftchens, das ihr gerade lest, freuen sich auch immer gerne auf Anregungen oder Kritik. Aber vor allem nehmen sie gerne eure schriftlichen Monologe, die dann aber vielleicht doch keine bleiben… In diesem Sinne: Ob Monolog oder Dialog, egal ob wahrscheinlich oder absurd, schreibt, macht den Mund auf. Und vor allem: Allez Nulldrei!

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