Arrivederci Serie A – Benvenuto nella Serie B

Das vergangene Wochenende war äußerst ereignisreich. Am
Samstag erkämpft sich Tennis Borussia in einem
relativ ansehnlichen Regionalligaspiel einen wichtigen Sieg und kann weiterhin
zumindest sportlich vom Klassenerhalt träumen. In Livorno dagegen hat sich die
Mannschaft mehr
als blamiert
. Sämtliche regionale Medien sind enttäuscht von der Squadra
Amaranto und vom Verein. Die Fans sind wütend und verzweifelt. Diesmal blieb es
nicht nur bei verbalen Attacken nach dem Spiel.

Vor dem Stadion warteten ca. 300 Tifosi auf die
Mannschaft. Generationsübergreifend wurden die calciatori beschimpft und
verzweifelt an ihre Verantwortung gegenüber dem Verein und der Stadt erinnert. Il
Tirreno
schreibt, daß Livorno alles verloren hätte: die Serie A, das
Gesicht und seine Würde. Tavanos Tor hätte zwar die nächste Niederlage
verhindert, aber nicht die Proteste gegen Mannschaft und Vereinsführung. Auch
der Torschütze wurde massiv beschimpft und aufgefordert, daß er das Trikot mit
der Nummer 10 ausziehen soll, das der Held Igor Protti einst trug.

Es gab mehrere Transparente (Bilder gibt es hier)
gegen die Mannschaft und Spinelli, darunter „Ihr seid nicht mitanzusehen“ oder
auch „Schämt Euch“ und „Spinelli hau ab“. Der Päsident scheint derartig
eingeschüchtert zu sein, daß er sich gar nicht erst ins Stadion traute. Dies
zeugt davon, daß er auch in den Geraden jede Symphatie verloren hat.
 
Ungefähr fünfzig wütende Livornesi beließen es nicht nur bei
Beleidigungen, sondern folgten der Mannschaft zum Hotel, in dem sie sich von
ihrer Arbeitsverweigerung erholten und gemeinsam aßen. Bei mehreren
Spieler*innen-Fahrzeugen wurden offenbar Reifen zerstochen.

Schon am vergangenen Donnerstag wehrten sich die Fans. Sie streikten und fuhren nicht nach Mailand.
Diesmal blieb ein Block demonstrativ frei. Cosmi,
der Livorno Trainer, glaubt zwar immer noch an den Klassenerhalt und verteidigt
die Mannschaft. Er meint vor allem die Proteste der Fans hätten für
Verunsicherung gesorgt.

Diese Einschätzung zeigt meiner Ansicht nach, daß die
Mannschaft den Kontakt zu den Fans verloren hat. Die Vereinsoffiziellen leben
in einer Blase, die nun zerplatzt ist. Von den Fans kommt aufgrund des
mangelhaften Engagements der Mannschaft für den Klub nur folgerichtig die
Forderung, daß sie auch zu Hause im Auswärtsdress auflaufen sollen. Diese
Mannschaft ist nicht Amaranto!

http://www.youtube.com/watch?v=je9hflwHRc8

Mit dieser (Nicht-) Leistung und dem enttäuschenden
Verhalten der Mannschaft hat sich Amaranto wohl aus der Serie A verabschiedet.
Eine Relegation ist nicht vorgesehen. Wer also sportlich nicht überzeugen kann,
steigt ab. Bis zum rettenden 17. Platz sind es sieben Tore. Gegen die direkten
Konkurrenten, die wichtigsten Spiele der Saison, hat Amaranto gnadenlos versagt
und verloren.

Jedes einzelne der folgenden sieben Spiele ist ein
Endspiel. Insbesondere die Partie gegen Udinese wird wichtig und muß gewonnen
werden. Im nächsten Spiel am Samstag zu Hause gegen den FC Genoa müßen ebenfalls
drei Punkte her. Gegen Chievo, in Catania und gegen Sampdoria sieht es nicht
anders aus.

Bis wir am 9. Mai zum Spiel gegen die römische Scheiße kommen, will
ich eine Mannschaft sehen, die sich aufopfert und alles für den Klassenerhalt
gibt. Auch wenn es wahrscheinlich zu spät ist, erwarte ich von Amaranto einen
grandiosen Endspurt und vor allem, daß sich der Verein um eine Rückkehr von
Diamanti bemüht. Schließlich wäre ohne ihn die Relegation in der vergangenen
Saison nicht
so erfolgreich
gewesen.

Aber nun noch einmal zum ereignisreichen Samstag, rund um
das Spiel von Tennis Borussia gegen die Kiezkicker Amateure.

Das Mommsenstadion
war relativ gut gefüllt und hatte einiges zu bieten. Die Veilchen auf dem Rasen
kämpften tapfer und enthusiastisch für den sportlichen Klassenerhalt. Die Fans hatten schon im Stadion für eine
interessante Mischung gesorgt. Der Stadionsprecher Mr. Bungle spielte gewohnt
stilsicher eine musikalische Perle nach der anderen. Er verwies auf die
brisante Lage des Vereins, ohne allerdings zu vergessen auch auf die
politischen Aspekte der TeBe Fansszene und
die Unterstützer*innen hinzuweisen.

So war zum Beispiel der Antifa Versand Red Stuff im Stadion, wo mensch
wahrscheinlich demnächst die schicken Soli-Shirts der We Save TeBe Kampagne
bekommen kann. Die Flüchtlingsinitiative
Berlin-Brandenburg
informierte mit einem Stand über die rassistische Residenzpflicht und das repressive
Gutscheinsystem für Migrant*innen und Flüchtlinge. Der Lesben- und Schwulenverband war neben der
Berliner
Tiertafel
und der Obdachlosenhilfe ebenfalls am Start.
 
Einen ausführlichen Bericht
zum Spiel und Bilder (unsere Bilder sind hier) gibt es bei dem neuen Blog Fußball von links, der
allerdings einige merkwürdige
Vorstellungen von ultrà
hat. Zu den einzelnen kritikwürdigen Punkten an einer engagierten Fansszene werde ich mich später ausführlicher äußern. Bis
dahin verweise ich auf den älteren Text der ultrà Bewegung mit dem Titel Wir sind das
Unrecht
, den Mr. Altravita
ausgegraben und übersetzt
hat. Eine ähnlich kritische aber dennoch differenzierte Auseinandersetzung mit
dem ultrà Phänomen kann übrigens bei Analyse, Kritik und
Aktion
nachgelesen werden.

Die Party im Anschluß an das Spiel war zwar nicht so gut
besucht, wie erwartet, das tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Als erstes
heizten den Veilchen das Incredible
Herrengedeck
ordentlich ein. Die zwei Neuköllner waren mehr als erstaunt,
daß die Partyarmy sie schon vor
ihrem ersten Titel mit einem chorischen Hallo begrüßten und auch sonst relativ
textsicher war. Die Zugabe
war der Hammer und hat jeden überzeugt. Im Mai findet die Record-Release Party
der beiden Incrediblen statt. Also, hingehen und amüsieren. Das absolute
Highlight waren dann aber doch die Biberstand Boys. Ihre
fußballaffines Liedgut kam besonders gut an.

Nachdem Livorno so blamabel am Sonntag versagt hatte,
wachten die Veilchen und ihre Fans am Montag aber ebenfalls mit einem fetten
Kater auf. Der Samstag hatte gezeigt, was engagierte Fans und eine
charakterstarke Mannschaft erreichen können. Nur der Verein scheint so dämmlich
zu sein, daß er dies nur mit einem fetten Tritt honorieren kann. Der Vorstand
und sein Präsident führen offenbar seit Monaten die Mannschaft und die Fans an
der Nase rum. Die Durchhalteparolen ziehen nun aber nicht mehr. Die
Mannchaft streikt
und die Fans sind mehr als
sauer.
Zu den 500.000 fehlenden Euros dieser Saison kommt in der nächsten offenbar
eine weitere Million dazu. Überall nur scheiß Vereine!

Spinelli vattene!
Weinkauf raus!

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