Il Popolo viola in Berlino

Am Samstagnachmittag protestierten in Berlin lebende Italiener*innen sowie Sympahtisant*innen auf dem Bebelplatz gegen den italienischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Der war neben den üblichen Verleumndungen, rassistischen Äußerungen und der Demontage der italienischen Republik in den letzten Tagen durch besonders widerliche Witzchen aufgefallen. Von den Medien weitestgehend unbemerkt hatte er sich antisemitisch über Jud*innen lustig gemacht und ekelhafte Stereotype reproduziert. 

Wie Canfora, der Professor für griechische und lateinische Philologie aus Bari, schon Ende 2005 festgestellt hat, gibt es keine Demokratie. Die „demokratische Diktatur der Mehrheit“ der bürgerlich kapitalistischen Staaten hat wenig mit Emanzipation, Freiheit und Gerechtigkeit zu tun. Das antike Urbild der Polis war weder „demokratisch“, noch sonst sehr empfehlenswert. Die Elemente der „direkten Demokratie“ funktionierten nur, weil die Mehrheit der Bürger*innen der Polis nicht partizipieren durften.

In den bürgerlichen Demokratien sieht das nicht viel anders aus. Die „Diktatur der Mehrheit“ ist allerdings moderner, sehr viel hierarchischer strukturiert und in der Unterdrückung marginalisierter Gruppen sehr viel besser institutionalisiert. Der Aufruf der Berliner Antiberlusconianer*innen trägt diesem Umstand Rechnung und wendet sich explizit an verschiedene gesellschaftliche, soziale und politische Spektren.

In Italien gingen gegen den Clown aus Mailand, der nun in Rom residiert, einige zehntausend Menschen auf die Straße. Der Protest des No Berlusconi Day wird dabei vor allem von der bürgerlichen Mittelschicht getragen, die sich in sozialen Netzwerken sammeln. War der erste No Berlusconi Day im vergangenen Jahr vor allem von der Partito Democratico dominiert mobiliserten jetzt breitere Schichten zum Protest. Die radikale und antagonistische Linke hielt sich allerdings wieder zurück.

In Berlin kamen zeitgleich zu den Demonstrationen in Rom und anderen europäischen Städten rund 100 Menschen zum zweiten „No Berlusconi Day“ Berlins. Im Oktober letzten Jahres, zum Aktionstag gegen Pressezensur, waren circa 50 vor der Italienischen Botschaft am Tiergarten. In diesem Jahr beteiligte sich übrigens auch der Verein Mafia – Nein danke am Protest.

Mit ihrem Protest wollten die mit lilafarbenen Schals und Armbinden ausgestatteten Organisator*innen, Italiener*innen und Symphatisant*innen auf die „sterbende Demokratie“ in Italien aufmerksam machen, die viele Italiener*innen bereits zur „Flucht“ ins Ausland bewogen haben soll. In europäischen Staaten wie Deutschland herrschten demnach bessere Lebensbedingungen. Zurzeit leben allein in Berlin mehr als 15.000 Italiener*innen.

In Redebeiträgen forderte das „Popolo viola“ (Lila Volk) den Rücktritt Berlusconis, Pressefreiheit und bessere Arbeitsbedingungen in Italien. Nach den Redebeiträgen in italienischer und deutscher Sprache gab das multikulturelle Musikerkollektiv RotFront eine Konzerteinlage. Abschließend öffneten die „Lilanen“ das Mikrofon für alle Teilnehmer der Veranstaltung.

Berlusconi wird durch diese Demonstrationen und Kundgebungen sowie andere Veranstaltungen nicht sonderlich unter Druck geraten, dafür sorgen viel besser seine neidischen Kumpels um Fini und Co., trotzdem sind die kritischen Meinungsäußerungen wichtig. Sie halten eine Alternative am Leben, die insbesondere in Italien zu verschwinden droht. Die Schwäche und Zerstittenheit der „Linken“ – von der Mitte bis zur antagonistischen Bewegung – kann durch solche Events eventuell überwunden werden. Sie muß es auch, angesichts des widerlichen Antisemitismus, Sexismus, sozialem Chauvinismus, Rassismus und Xenophobie, die in weiten Teile der italienischen Bürger*innen verbreitet ist.

2 Kommentare zu „Il Popolo viola in Berlino“

  1. massi sagt:

    ciao,

    schön zu lesen, daß der no b day auch dieses jahr wieder in deutschland stattgefunden hat…hatte schon die befürchtung es wäre womöglich nur eine einmalige sache gewesen, weil die anzahl der demonstrant*innen letztes jahr nicht allzu hoch gewesen war und es unter den vielen italiener*innen in deutschland doch tatsächlich einige gibt die berlusca wählen.

    übrigens noch alles gute zum neuen aussehen der seite, hat m.m. nach nur gutes mit sich gebracht und dafür nur etwas farbe gelassen. ; )

    …achso, was ich noch fragen wollt.
    habt ihr immernoch die möglichkeit die t-shirts von der brigata scozzese zu bekommen, bzw. die bestellung weiterzuleiten??? ich würd mir nämlich gern eins zulegen, lieber spät als garnicht.

  2. Brigata Amaranto Venticinque Aprile sagt:

    es gibt sie, die alternativen italiener*innen, auch in berlin. sie sind vielleicht keinr antagonist* (wie wir), aber berlusconi, die mafia und die anderen la casta verbrecher*innen können sie auch nicht leiden… wegen dem t-shirt, ich leite es weiter.