17. Oktober 1987 – Überfall auf die Zionskirche

Am 17. Oktober 1987 überfielen ungefähr 30 Nazihools des BFC Dynamo und Westberliner Nazis gemeinsam ein Konzert in der Zionskirche im Prenzlauer Berg. Es spielte die (West-) Berliner Kneipenchansoniers von Element of Crime und die (Ost-) berliner Punk Band Die Firma. Es kamen mindestens 1.000 Zuschauer*innen. Die Nazis trafen sich in einer Kneipe und bekamen den Tipp, daß sie in der Zionskirche „Zecken“ klatschen gehen könnten. Der Überfall, quasi eine gesamtdeutsche Naziaktion, war das erste nicht mehr zu vertuschende Zeichen für eine lebendige, gut organisierte und vernetzte sowie äußerst gewalttätige Naziskin-Subkultur in der DDR. Auf der anderen Seite war eine andere Bewegung betroffen, die vom Regime mit Argusaugen überwacht wurde. 

Der Angriff auf die Zionskirche, sein spontaner Charakter aber auch die Größe des Nazimobs, der in kürzester Zeit mobilisiert werden konnte, war ein erster Hinweis auf die Vitalität der Bewegung in der DDR. Einige Jahre später, vor allem Anfang der 90er, zeigte sich, daß diese Szene durchaus fähig war neue Impulse zu setzen, politische Akzente zu forcieren und Diskurse anzuregen. So besetzten im Lichtenberger Weitlingkiez Nazis Häuser und etablierten erste autonom nationalistische Zellen. Was nach der Wiedervereinigung passierte, muß hier nicht erwähnt werden. Rostock Lichtenhagen, Hoyerswerder, die zahlreichen toten Flüchtlinge, Anarchist*innen und Antifaschist*innen, wie zum Beispiel Silvio Meier, sprechen eine eigene Sprache.

Der Nazimob, der am Abend des 17. Oktober los zog, um auf alle und alles einzuschlagen, was sie als zu „links“ empfanden, war ein widerlicher Haufen aus BFC Dynamo Hools und Westberliner Nazis. Mit dabei war unter anderen Jens Uwe Vogt, BFC Hooligan und Naziskin, der sich bis heute in der Dynamo Fanszene bewegt und den Verein mit seinen Kumpanen von der Gruppe „Freunde der 3. Halbzeit“ sponsert. Außerdem beteiligten sich offenbar Kader der Partei Nationalistische Front (NF) am Überfall. Es ist davon auszugehen, daß auch Nazihools von Erna dabei waren. Schließlich pflegte Vogt gute Kontakte zu Andreas Pohl, Kader der NF, Sänger von „Kraft durch Froide“ und Erna Hool der Sportgemeinschaft Zyklon B. Was die Nazis aber nicht erwartete, daß sich die Punks wehrten. Sie flohen schnell.

Von den 30 am Überfall beteiligten wurde übrigens lediglich eine Handvoll verurteilt. Jens Uwe Vogt war nicht unter ihnen.

Mehr zum Thema gibt es in der Doku
„Nazis in der DDR – Der Fall Zionskirche“ (siehe Teile 1, 2, 3, 4, 5)

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