Katamon Jerusalem vs. Migdal Ha’emek 1:1

bm08_jerusalemMeine Reise nach Israel war fast vorbei und ich glaubte schon, das für viele so heilige und für mich persönlich so schöne Land verlassen zu müssen, ohne ein Fußballspiel gesehen zu haben. Doch es klappte doch noch und ich konnte ein Spiel im Teddy Kollek Stadion besuchen. Dort empfing Hapoel Katamon Jerusalem das aus dem Norden angereiste Team von Migdal Ha’emek. 

Zum Glück wurde der 6. Spieltag der dritten israelischen Liga von Freitag auf Dienstag verlegt, dachte ich mir. Viele Fans von Hapoel Katamon sahen das wohl anders. Das Teddy ist zwar mit seinen 30.000 Sitzplätzen für jede Partie des vor wenigen Jahren von den Fans übernommenen Vereins überdimensioniert. Zum Abendspiel mitten in der Woche kamen aber besonders wenig Leute. Wahrscheinlich hatten sich viele schon auf den Basketball-Kracher gegen Partizan Belgrad festgelegt, der genau einen Tag später stattfand. Die Fans von Hapoel Katamon supporten nämlich nicht nur beim Fußball. Sie erfreuen sich genauso an Dunkings, Drei-Punkte-Würfen und Traumpässen auf dem Parkett. Aber dazu vielleicht später mehr.

Ich war sehr gespannt auf das Spiel. Es heißt ja, die Israelis seien fußballverrückt, auch wenn sie in dem Sport international gesehen nicht gerade als erfolgreich gelten. Aber das tut der Emotion keinen Abbruch, wie ich schnell merkte. Der Fußballabend begann, indem ich netterweise von meiner Unterkunft abgeholt wurde. Zu dritt ging es per Bus zum Stadion. Meine beiden Begleiter sind extra aus der Nähe von Tel Aviv für das Spiel nach Jerusalem gekommen. Israel ist zwar ein kleines Land, aber der Verkehr nicht zu unterschätzen. 50 Kilometer zurückzulegen kann da schnell mal zwei Stunden dauern. In Westjerusalem ist am Abend aber nicht mehr viel los. Der Bus rollte also pünktlich vor dem Teddy vor. Nach einer sehr angenehm zurückhaltenden Kontrolle ging es fix hinein. Was der Spaß kostet, kann ich leider nicht berichten. Ich wurde eingeladen und kann dem Ticket nicht genau entnehmen, wofür welche Zahl steht. Hebräisch lerne ich in diesem Leben nicht mehr, schätze ich.

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Nach wenigen Minuten pfiff der Schiedsrichter die Partie auch schon an. Beide Teams wurden mit Getrommel und Gesang unterstützt – ja auch die Gäste brachten eine Handvoll aktiver Fans mit. Bei Hapoel machten etwa 30 der 500 Zuschauer mit. Spannend war ihre äußerliche Heterogenität: von Jungs und Mädchen im Grundschulalter über Wehrdienstleistende in ockergrüner Unifom auf Heimaturlaub, Hornbrillen tragende Student*innen bis hin zu Anzug- und Kippaträgern war auf der Tribüne alles zu sehen. Die Atmosphäre war äußerst familiär, aber nicht langweilig. Dafür sorgte auch der Schiedsrichter mit einigen fragwürdigen Entscheidungen. Und das Team von Katamon spielte sich ein paar schöne Torchancen heraus, die so hochkarätig waren, dass es allen unverständlich blieb, warum sie sie nicht nutzten. Gesungen wurde trotzdem fast durchgehend. Viele Melodien waren mir bekannt – von Sankt Pauli, Livorno oder aus politischen Zusammenhängen. Auch „Bella Ciao“ war mit einem auf Katamon gemünzten Text dabei.

Mit einem 0:0 ging es in die Pause. Zeit, die Verpflegung zu testen. Vorweg: Bier gab es keins. Wie mir erklärt wurde, ist es in Israel im Stadion verboten. Stattdessen kann mensch zuckersüße Limo trinken und sich den Bauch mit allerlei Snacks füllen. Die zweite Hälfte wurde sportlich spannender, doch der 1:0-Treffer für Migdal dämpfte die Stimmung bei den Rot-Schwarzen. Eine gute Viertelstunde war Flaute, das Team brachte nichts zustande. Es folgte wieder einmal ein unmotivierter Pfiff des Schiris, der auf Umwegen allerdings den Ausgleich für Katamon brachte. In den letzten zehn Minuten war wieder alles offen. Doch das Heimteam schaffte es nicht, noch den Siegtreffer zu erzielen. Mit dem 1:1 waren viele unzufrieden, sodass es schnell aus dem Stadion und zurück in die Stadt ging. Für mich war es dennoch ein rundum eindrucksvoller und gleichzeitig entspannter Fußballabend. Vielen Dank an die Freunde von der Brigade Malcha 2006!

Der Text wurde zuerst im Ultra Unfug #206 veröffentlicht. Und hier noch ein paar fotographischen Eindrücke vom Spiel.

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