Watn Theater XVII – Scheiß Bürokratie
Jahrzehnte kämpfe ich nun schon mit dem Erwachsenwerden. Seit Jahren bemühe ich mich, mein Studium zu beenden. Die langweiligen Student*innen, schnöde Lohnarbeit, Operationen, die allgemeine ökonomische Lage und ganz ganz viel prokrastinieren hielt mich lange davon ab. Und nachdem ich mich vor Monaten entscheiden hab, endlich doch mal meinen Abschluss zu machen, versucht eine Armee von Bürokrat*innen-Zombies mir einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Anderthalb Wochen ist es her, dass ich erstmals seit langem mit diesen Leuten Kontakt hatte. Ich ging ganz aufgeregt wieder mal zur Uni, stellte mich an und wartete. Schließlich wollte ich mich zur Abschlussprüfung anmelden. Aber statt mir die Formulare auszuhändigen, die Voraussetzungen und den Zeitplan zu nennen, wurde mir ganz süffisant mitgeteilt, dass ich eigentlich zu spät dran bin und mein jahrelanges Studieren fürn Arsch war. Bäng! Das absolut Unerwartete war eingetreten… Und seitdem bin ich am rotieren, um das Unmögliche doch noch möglich zu machen. Denn: Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Ne!
Ich renne von Pontius zu Pilatus. Lass mir das eine Formular unterschreiben, nur um zu erfahren, dass eins fehlt. Ich gehe bei Profs Klinken putzen, kann sie überzeugen, mich zu unterstützen. Ich denke mir: Mensch, dit läuft. Und dann grätschen mir diese Zombies dazwischen. Ich fühl mich wie Asterix und Obelix auf der Suche nach dem Passierschein A38, im Haus, das verrückt macht. Furchtbar. Und an dieser Stelle paßt endlich das Motto dieser Kolumne mal sowas von komplett: Wat’n Theater!
Aber ich werde nicht aufgeben. Denn: Wer kämpft, kann verlieren. Und so weiter. Ihr wisst schon… Hammer, wat dieser alte Brecht nicht alles für Lebensweisheiten rausgehaun hat. Klassiker wie: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Oder: Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Was ist die Ermordung eines Mannes gegen die Anstellung eines Mannes? Naja. Lassen wir das…
Ehrlich gesagt, frage ich mich, warum ich mir diesen krassen Stress antue. Denn, wenn alles klappt und ich wider Erwarten doch zur Abschlussprüfung zugelassen werde, bedeutet dies in den nächsten Monaten nur essen, schlafen, nen bißchen arbeiten, lernen, mächtig viel lernen, schreiben, ganz viel schreiben und vielleicht ein paar Heimspiele. Keine Party. Keine Reisen. Nix Freund*innen besuchen. Kein Spaß!
Aber was solls. Irgendwann muss auch ich ja mal erwachsen werden, irgend wann muss der Titel ja her. Und wenn alles gut geht, werde ich (hoffentlich) im Herbst einen richtigen Abschluss haben und kann mich dann voll & ganz ins Hamsterrad der Lohnabhängigkeit stürzen. Und noch ein Gutes hat der ganze Stress schon jetzt. Die schlankelinie Hipster-Jeans paßt mir wieder.
Erschienen im Ultra Unfug #211
Schlagworte: Bertolt Brecht, Scheiß Bürokratie, Wat'n Theater