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Seit mehr als 15 Jahren unterstützt die Fan-Gruppe „White Angels“ den NK Zagreb. Seit Jahren sind sie für ihr antifaschistisches Engagement bekannt, was auf dem Balkan im Allgemeinen und in Kroatien im Besonderen bemerkens- und unterstützenswert ist. Deshalb war es nur folgerichtig, dass sie im Sommer diesen Jahres Teil des Alerta! Netzwerks geworden sind. Unabhängig davon sind sie aber vor allem deshalb interessant, weil sie einen eigenen, selbstverwalteten Verein führen. Als ihr Verein immer mehr zum Problem wurde und sie sich nicht mehr mit ihm identifizieren konnten, gründeten sie einen neuen Verein, ihren Klub NK Zagreb 041. In wenigen Tagen sind sie unsere Gäste. An zwei Abenden – bei einer Info-Veranstaltung am 1. Dezember im FANLADEN und einer Podiumsdiskussion in der BAIZ – berichten sie über Fankultur in Kroatien, über die Fanszene in Zagreb und die Geschichte ihres Vereins. Damit ihr unsere Gäste schon ein wenig kennen lernen könnt, sollen sie in diesem Heft schon Mal zu Wort kommen.

Unser Klub NK Zagreb 041 wurde am 1. Dezember 2014 von etwa 50 Personen gegründet. Davon waren ungefähr 10 Mitglieder bei den „White Angels“, der einzigen antirassistischen Fan-Gruppe in Kroatien. Die anderen waren unorganisierte Fans des NK Zagreb, Freunde, Aktivisten, Antifas aus Zagreb und einige Mitglieder von NGOs, die schon länger mit uns zusammenarbeiten. Am 19. Februar 2015 haben wir uns offiziell beim Kroatischen Fußballverband registriert.

Die Entscheidung unsere alte Liebe zu verlassen und einen eigenen Klub zu gründen, war nötig, weil wir fühlten, dass sich unserer alter Verein auf einer Einbahnstraße direkt auf dem Weg zur Selbstzerstörung bewegte. Außerdem konnten wir uns im Stadion nicht mehr so ausdrücken, wie wir gerne wollten. Wir mussten zusehen, wie unser Club all das wurde, was wir nicht wollten. Und das alles passierte, als wir längst süchtig nach Fußball und Fankultur waren. Deshalb wurde es schlicht unerträglich für uns den NK Zagreb so zu sehen. Und deshalb haben wir uns entschieden, unseren eigenen Weg zu gehen. Trotzdem war es schwer zu gehen. Es ist immer hart sich von einer alten und intensiven Liebe zu trennen. Selbst wenn sie dir in den letzten Jahren so oft weh getan hat.

Die Idee von einem eigenen und selbstverwalteten Klub kam übrigens erstmals Anfang 2013 auf. Ich denke, alle von uns dachten insgeheim an ein Fan-Team. Aber es brauchte doch irgendwen, der es laut sagte. Damit wir wirklich anfangen und an diesem Plan arbeiten konnten. Glücklicherweise ist die finanzielle Situation zur Zeit in Ordnung. Die Anforderungen werden aber sicherlich steigen und wir werden die Erwartungen erfüllen. Denn wir haben viel Hilfe – von Freiwilligen, Freunden und selbstverständlich von den Mitgliedern.

Unser Verein ist nicht hierarchisch organisiert. Wir haben keinen Vorstand und keinen Geschäftsführer. Unsere Mitglieder zahlen lediglich 20 Euro Jahresbeitrag. Das Training, der Spieltag und das Ganze drumherum wird von Freiwilligen gestemmt. Unsere ersten Spieler waren Leute, die wir von unseren Antira-Turnieren kannten. Freunde spielen auch mit. Und ein paar „White Angels“ Mitglieder, die ein bisschen Talent zum Fußballspielen haben. Andere sind über die Sozialen Medien zu uns gekommen. Außerdem sind wir sehr stolz darauf, dass im Team auch Geflüchtete mitspielen, die in Zagreb leben.

Die erste Saison unseres Männer-Teams haben wir im Stadtteil Dugave, im Stadtbezirks Novi Zagreb-istok, gespielt. Wir sind als kleine Mannschaft in der untersten Liga gestartet. Dort konnten wir uns die Miete für die Trainingsanlagen und die Spielplätze leisten. Nur ein paar hundert Meter von dort wohnen Geflüchtete. Wir haben uns für diesen Standort auch deshalb entschieden, um die Flüchtlingen mit den Bewohnern zusammen zu bringen. Unsere erste Saison haben wir mit Platz 4 beendet. In die neue Saison sind wir ebenfalls ganz gut gestartet. Wir teilen uns zurzeit den ersten Platz, was für uns ein tolles Ergebnis ist.

Vor wenigen Wochen haben wir ein Frauenteam gegründet. Die Idee dazu hatten wir Anfang diesen Jahres. Wir mussten sie aber erst Mal ruhen lassen. Erst als sich die jetzige Trainerin uns annäherte und meinte, dass sie unseren Club großartig findet und sie mit Kindern und Frauen arbeiten möchte, konnten wir loslegen. Unsere Trainerin für das Frauen-Team war eine professionelle Spielerin in der slowenischen 1. Liga und Spielerin der kroatischen Nationalmannschaft, für die sie 40 Mal auflief. Zurzeit trainieren 25 Mädchen. Wir hoffen, dass sie zur nächsten Saison fit sind und in den Ligabetrieb starten können.

Bei den Kindern sind wir noch nicht soweit. Wir wollen Stück für Stück eine Jugendschule aufbauen. Wenn wir mit dem ersten Männer-Team den Aufstieg nicht schaffen, brauchen wir die Jüngeren. Deshalb wollen wir Teams für 16-18-Jährige aufbauen. Außerdem wollen wir Mixed-Teams für 10-14-Jährige gründen. In unseren Jugendmannschaften sind übrigens einige Kindern von Geflüchteten, Waisen, Kinder aus sozial schwachen Familien, deren Eltern sich einen normalen Verein nicht leisten können, und Kinder von den örtlichen Schulen. Das heißt, wir versuchen schon sehr früh Kontakte zwischen den Kindern zu ermöglichen und so ein kleinen Teil zur Integration beizutragen.

Unser Klub fängt ganz unten an. Wir spielen in der niedrigsten kroatischen Liga. Wir denken, dass ein Fußballklub wie jede andere Institution nur dann wirklich bedeutsam ist, wenn er eine starke Bindung zur Stadtteil hat und den Bedürfnissen der Nachbarschaft gerecht wird. Wenn wir über unsere Zukunft nachdenken und sprechen, sind einige Mitglieder ambitionierte als andere. Für uns ist es aber am klügsten bei unseren Zielen realistisch zu sein und erstmal zu genießen, was wir an unserem eigenen Verein haben. Ich meine damit, dass es schon ziemlich cool ist, einen eigenen Klub zu haben, ihn aufzubauen, zu entwickeln und alles für ihn zu tun.

Für die Zukunft haben wir uns vorgenommen, unseren Verein weiter zu entwickeln. Vielleicht nach dem Vorbild des FC United of Manchester. Neben der Entwicklung unserer Jugend möchten wir gerne unsere Fangemeinde erweitern. Wir denken, dass wir unsere Fanszene aufgrund des Verhaltens unseres alten Vereins, der seit 10 Jahren alles tut, um es den Fans so schwer wie möglich zu machen, schnell wachsen wird. Unsere Idee von Freiheit, die Kreativität unseres Ultra‘ Geistes, die Verbindung zwischen verschiedenen Gruppen und die Verbindung von Fan- und Subkulturkultur wird sicherlich neue Fans zu uns bringen.

Wir leben unter den schwierigen Bedingungen einer Gesellschaft der Ungleichheit. Und egal, wie heftig wir uns gegen ihre Regeln wehren, am Ende spielen wir doch mit. Fußball besteht immer mehr aus Profis, aus Fußballsöldnern, die sich für Werbespots zur Primetime hergeben. Fußball ist immer mehr zum Event für Popcorn-Esser und Selfie-Junkies geworden. Im Gegensatz zu diesen Menschen wird es immer mehr Menschen geben, für die andere Werte wichtig sind. Wir denken, dass auf der ganzen Welt viel mehr selbstorganisierte Klubs entstehen werden, die vielleicht ganz neue professionelle Wettbewerbsformen entwickeln werden. Unabhängig davon sollte es keinen Neid und Missgunst zwischen den Fan-Teams geben. Und auch das Jammern darüber, dass der Kommerz uns den Fußball weggenommen hat, sollte aufhören. Denn das kostet viel zu viel Kraft und verschwendet Ressourcen. Außerdem zielt dieses Rumheulen in die falsche Richtung. Das Ziel sollte sein, Raum zur Entwicklung einer freien Fankultur für Fans und Ultras zu schaffen. Mit Engagement vor allem außerhalb der Fußballstadien können wir unseren Fußball wiederherstellen!

Deshalb haben wir uns entscheiden, die Mauern zu durchbrechen. Wir haben das Heft des Handelns übernommen. Wir übernehmen Verantwortung. Wir bleiben stark! Nur so wird ein anderer Fußball wieder möglich sein!

Bearbeiteter und aktualisierter Text, der ursprünglich als Interview mit dem Katamon Fanzine Hayatzia Ha’Adom geführt und in der #10 (siehe pdf) zum Spiel gegen Maccabi Ma’alot-Tarshiha am 17. April 2015 veröffentlicht wurde. In deutscher Übersetzung ist der Text zuerst im Ultra Unfug #238 zum Spiel gegen Meuselwitz publiziert worden. Die Bilder sind von der offiziellen Seite des Verein NK Zagreb 041.

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