Wat’n Theater XXXIV – Stars & Sternchen

In der letzten Kolumne bin ich quasi in den weiten Fluten des euphorisch und glücklichmachenden Happy Object „grandioser Sieg“ entschwommen. Macht aber auch manchmal wirklich Spaß, sich einfach im Gefühl treiben zu lassen. Vor allem, wenn es so warm und mit nem Lächeln aus der Tiefe des Herzen hervorkraucht. Aber, ich muß gestehen, ich mag nicht nur Siege und den dazu passenden Affekt, sondern ich genieße gerne auch mal Geschichten von Stars oder jenen, die sich dafür halten.

Das Internet, vor allem das englischsprachige, is voll von ihnen. Überall kannste was über sie lesen. Wenn sie heiraten, wird ne ganz große Geschichte draus gemacht. Wenn sie heiraten, sind alle ganz furchtbar ausm Häuschen. Vor allem wenn es sich um royale Stars handelt, sind gaaaanz viele Leute nah der Hysterie und die Live-Übertragungen müllen die Sender zu. Tja. So is das mit den Sternchen und jenen, die ihnen folgen. Ich bin da eher der distanzierte, aber trotzdem interessierte Beobachter*. Ich gönn mir meine tägliche Ration Stars in kleinen, verdaulichen Häppchen in Form von Boulevard-Sendungen. Und ich wundere mich immer wieder fasziniert, was bei Stars alles so berichtenswert ist und wie groß eine Nichtigkeit medial aufgepumpt werden kann. Wahnsinn.

So geschehen, als die Familie Zuckerberg offenbar euphorisiert in postnataler Glückseligkeit bei Facebook, also im eigenen Unternehmensportal, enthüllte, nen ordentlichen Batzen Silberlinge spenden zu wollen. Wen interessierts, dacht ich zuerst. Da hatte ich aber nich mit der durchaus berechtigten Kritik gerechnet, der selbstverständlich ganz in der Logik vom das Glück versauenden Spielverderber*in die Kritik an der Kritik auf den Fuß folgte. Und so wuchs eine fette Celebrity Blase aus einer Nichtigkeit, für die es weder irgendein Lob hätte geben müssen, noch irgendwelche gehässigen Kritiken. Aber so läufts eben. Wir kennen das vom einzig wahren K-One, der immer noch lieber in’er Nordkurve abhängt, als auf irgend’ner verschissnen Bühne. Aber ich schweife ab…

In der heutigen Gesellschaft des Spektakels, in einer Welt, in der die Deppn regiern, wird jenen zu gehört, die am lautesten krakeelen oder die sich den dämlichsten Blödsinn wie das Asylpaket II ausdenken. Probleme gibt’s nich mehr. Sie haben sich in Herausforderungen verwandeln. Parallelgesellschaften begrenzen lediglich das Fremde. Sie sind nie im bürgerlich Etablierten zu finden. Chauvinismus, soziale Kälte und Emphatielosigkeit sind Sprossen in der Leiter nach Oben. Zum Kapital. Dem es einzig und allein erlaubt sein soll, sich grenzenlos, immer in Bewegung, nomadisch fließend in Hyperspeed über Grenzen und Nationalstaaten hinwegzusetzen. Wir Deppn dürfen das nur mit gültigen Dokumenten. Und die Fremden dürfen das gar nicht.

Und so sind wie wieder bei den Stars. Denn genauso wie die Nomadische Macht, das moderne globalisierte, entnationalisierte Kapital, sind Stars ebenfalls lediglich virtuell, als spektakuläre Performance beziehungsweise in ihrer performativen Selbstüberhöhung wahrnehmbar. Sowohl das fließende Kapital als auch Stars inszenieren sich und werden wiederum inszeniert. Deshalb gieren wir nach ihren Spuren sowie betrachten sie fasziniert und völlig unkritisch unterm Mikroskop. Das Winzige wird ganz Groß. Und ein Furz kann so ganz schnell zum Artefakt der Wahrhaftigkeit werden, das in die Wirklichkeit hineinragen soll, das am Ende in einen Fetisch sakralisiert werden kann.

Für mich ist das alles ein faszinierendes Spiel, eine entspannende Aufführung der Belanglosigkeiten. Ohne Nachdenken kann ich mich an den bemitleidenswerten Biographien der Stars ergötzen. Die Leute selbst sind mir egal. Sternchen dagegen mag ich, vor allem auf selbstgermachten Bannern. Is das vielleicht schon ein Fetisch? Ich denke nich. Denn mir geht’s eher um Kritk an Gewohnheiten, um den bewußten Umgang mit Sprache und Worten. Sternchen sind für mich meine Rebellion gegen die üblichen Vorstellungen und Zuschreibungen. Meine Sternchen sollen eine neue, eine eigene, diskriminierungsfreie, entmarginalisierte Welt bauen. Sie verweisen für mich auf etwas Zukünftiges, Eutopisches, nicht auf einen utopischen Nicht-Ort, sondern einen besseren Ort. Sternchen sind also neben dem Sieg ein weiteres Objekt zum Glücklichsein, mein zweites Happy Object. Sternchen sind einfach wunderbar. Stars dagegen, die Sterne – die funkeln nur.

Zuerst veröffentlicht im Ultra Unfu #228

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