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Es ist Sonnabend. Zehn Uhr. Vor ungefähr einer Stunde gabs Frühstück. Es gab Stulle mit Käse, Marmelade und gekochte Eier. Und einen selbstgemachten Cappuccino. Lecker! Jetzt heißt es, sich vorzubereiten. Am Bahnhof Babelsberg sammelt sich, ungefähr zur selben Zeit als ich gerade mit dem Abwasch fertig werde, der Ultra- und Supporter*innen-Mob des SVB, der dem Team nach Berlin folgt und später ein turbulentes Spiel sehen wird. Ich bleibe an diesem Sonnabend mal in Babelsberg, gehe zwar nicht auf den Markt aufm Weberplatz, sondern habe was ganz anderes vor. Denn in der Oberlinhalle spielten die Prussian Fat Cats, die Roller Derby Sektion von Nulldrei, zusammen mit Freund*innen aus Berlin von den Rollergirls und Breaking Bears, den Trackoons aus Dresden und den Riot Rocketz aus Leipzig ein Freundschaftsspiel. Im Roller Derby Slang nennt sich so ein Spiel Bout. Aber das wisst ihr fleißigen Ultra Unfug Leser*innen bestimmt schon.

Es ist bereits kurz nach halb elf und in Kürze steht der ganz ganz große, von Archiv-Festivitäten etwas angeschlagene Punkrock Roller Derby Enthusiast* vor der Tür und will auch in das große Abenteuer Radtour zur Oberlinhalle starten. Also, Drahtesel flott machen. Sonnenbrille auf. Und auf eine wildschweinfreie Anreise hoffen. Die Begleitung ist fast pünktlich da und auf geht‘s. Die ersten Kilometer werden erstaunlich schnell und routiniert absolviert. Dies ändert sich dann aber, als wir uns für eine Abkürzung durch den Wald entschieden. Wir radelten entspannt und eine ziemliche Weile durch den Wald. Stöcker, Bäume und Wildschweine ließen uns in Ruhe. Zunehmend wurden wir aber unruhiger, da hinter jeden neuen Biegung immer wieder nur noch mehr Bäume warteten. Eigentlich sollten wir längst da sein… Verfahren. So‘n Mist. Glücklicherweise gibt‘s ja Smartphones und Ortungssysteme. Ein kurzer Blick auf den Bildschirm löste das Rätsel und bestätigte die Vermutung. Ein paar Minuten später war aber auch dieses Problem gelöst und wir bogen aufs Gelände der Oberlinhalle.

Heute sollte aber nicht so mein Tag sein. Denn aus dem Verwaltungsgebäude kam ein einsamer, älterer Herr angerannt und schrie uns hinterher. Es war der Pförtner*, der vehement und immer wieder dieselben Worte wiederholend sein Recht auf Anmeldung an seiner Rezeption einforderte. An Diskussion war nicht zu denken. Ein Kompromiss war auch nicht möglich. Also, schön ja und Amen gesagt und weitergefahren.

Endlich an der Halle. Endlich was zu tun. Oder doch einfach chillen und auf den Ort einlassen. Es sollte letzteres werden. Denn die Bonz*innen waren schon fleißig. Das Frühstücksbuffet stand. Getränke waren vorbereitet. Gerade sollte der Track geklebt werden. Der Track ist übrigens die Spielbahn, in der sich die Spieler*innen bewegen und wo um jeden Zipfel Raum gekämpft wird. Dieser Track hat eine komische Form. Im Grunde sind es zwei versetzte Beinah-Ovale. Die Begrenzung muss geklebt werden. Und das ist eine eigene Wissenschaft, die mir viel zu hoch ist und zu der ich lieber eine respektvolle Distanz wahre. Das sollen die Sportler*innen lieber selber machen.

Nachdem die Bahn geklebt war, mussten aber noch andere Markierungen geklebt und der Track beinah klinisch rein gefegt werden. Denn Krümel, Steinchen, Staub oder auch Kreidereste könnten für die Derby Grrls gefährlich werden und sie im schlimmsten Fall unnötigerweise zu Fall bringen. Das muss nicht sein. Deshalb half ich gerne die Bahn zu vervollständigen und krümelfrei zu bekommen.

Dann hieß es, die Zeit bis zum Start des Scrimmage irgendwie rumzukriegen. Der Punkrock Derby Enthusiast* war zum Non Skating Official, zum Punktezähler* rekrutiert worden. Ich ging ein bisschen spazieren, machte Fotos, schnackte mit Leuten, genehmigte mir ein Bierchen… Und dann ging‘s schon los. Und zwar ziemlich rasant. Die Prussian Fat Cats spielten zusammen mit den Berlin Rollergirls in einem Team. Sie stritten sich mit einem Team aus Gästen von den Breaking Bears den Riot Rocketz und Trackoons um den Raum auf dem Track. Die Gastgeber*innen plus Gäste wehrten sich in der ersten Hälfte tapfer gegen jeden Raumverlust, aber mussten doch immer wieder ganz schön einstecken. Die Gegner*innen gewannen schnell einige Jams und setzten sich ab. Das sollte sich lange nicht ändern. Erst zum Ende der zweiten Hälfte konnten die Katzen etwas aufdrehen und auch mal ein paar schöne Spielzüge zeigen. Die Trainer*in verriet mir nach Abpfiff dann aber, dass dies auch so zu erwarten war. Denn die Fat Cats waren durch Krankheiten wichtiger Spieler*innen, Trainingsrückstand oder Übernahme der Referee-Aufgaben, nicht nur personell sondern auch sportlich geschwächt. Und dafür, so die Trainer*in, sah es am Ende doch gar nicht so schlecht aus.

Nach Abhängen, Chillen, Quarzen und mit dem einsamen, älteren und vor allem völlig übermotivierten Pförtner* Rumdiskutieren löste sich die Crew langsam auf. Es kamen übrigens circa 40-50 Gäste. Daß es so wenig waren, dürfte an verschiedenen parallelen Veranstaltungen in Potsdam und Berlin gelegen haben. Viele Nulldreier*innen waren beim Spiel in Lichterfelde gegen Viktoria, das am Ende nach einer 3:0 Führung fast noch zu kippen drohte und kurz vor Schluss dann doch noch mit 4:3 gewonnen wurde. Auf dem Luisenplatz fand das Fest der Toleranz statt. In Berlin marschierten dämliche christliche Fundamentalist*innen gegen Abtreibung und die Selbstbestimmung der Frauen sowie Tausende Menschen als Willkommenszeichen für Geflüchtete und Migrant*innen. Das nächste Mal, beim nächsten Bout am 16. Dezember 2017 werden es hoffentlich ein paar mehr werden, die den Weg zur Oberlinhalle finden. Derby macht nämlich Spaß. Außerdem könnt ihr euch den grandiosen „Bonzenkurier“ sichern. Im Dezember wird‘s die Nummer Zwei sein.

Der Beitrag erschien in der Jubiläumsausgabe des Ultra Unfug, der Nummer 250, mit tollen Fotos von Benjamin Reissing. Das Bild da oben ist aber von mir selbst.

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