Ultràs wehren sich gegen die Tessera
Am Mittwoch wollte der italienische Innenminister Roberto Maroni in Alzano, in der Nähe von Bergamo, vor seinen nationalistischen Exklusions- und Separationsfetischist*innen über das neue Italien, Sicherheit und ganz bestimmt auch über illegale Einwanderung sprechen. Mindestens 500 Antifaschist*innen und Ultràs von Atalanta Bergamo versuchten ihn daran zu hindern und ein militantes Statement gegen die Tessera del Tifosi abzugeben.
Das Fest der ängtlichen Lega Nord Padanier*innen ging in Tränengas, Feuerwerk und brennenden Autos völlig unter. Die Sicherheitskräfte waren gezwungen die gutbürgerlichen Separatist*innen durch einen massiven Polizeieinsatz zu schützen. Bergamo hat nachdrücklich bewiesen, daß es derartige nationalistische und faschistische Ansichten nicht tolerieren würde.
Den Ultràs von Atalanta Bergamo ging es vor allem darum Maroni als maßgeblichen Verantwortlichen für die Fan-Kontrollkarte zu attackieren und gegen die Kriminalisierung organisierter Fanstrukturen zu demonstrieren. Die Tessera soll der Liga, den Vereinen und vor allem den Sicherheitskräften eine Überwachung der Auswärtsfahrten der Fangruppen ermöglichen. Außerdem lassen sich bestimmte Personen leichter aussperren.
Des Weiteren sorgt die Tessera dafür, daß der Erwerb von Auswärtstickets auch für internationale Fans weiter erschwert wird. Waren bis jetzt (seit ca. 2004) die Tickets schon personalisiert und mußten spätestens einen Tag vorher gekauft werden, dürfen ab dieser Saison 2010 / 11 nur noch Fans mit einer Tessera Anmeldung zu Auswärtsspielen fahren.
Allerdings garantiert der Besitz der Fan-Registrierung nicht, daß die Fans auch wirklich zu den Auswärtsspielen fahren dürfen. Aufgrund der Aussschreitungen bei Maronis Rede in Bergamo wurde den Atalanta Fans ohne Tessera del Tifoso, wobei wahrscheinlich auch mit eine Auswärtsverbot erteilt worden wäre, verboten zum Auswärtsspiel nach Varese zu fahren. Die Napoli Fans, selbst diejenigen, die sich registriert hatten, dürfen zum Auftaktspiel ihren Mannschaft nicht nach Florenz fahren. Die neapolitanische Questura hat die Tesseri noch nicht fertig. Fiorentina haben aus diesem Grund Protest im Stadion angekündigt.
Ähnlich skuril war das Playoff-Rückspiel von AEK Athen gegen die schottische Mannschaft Dundee United zur Euro-League. Aufgrund der Trockenheit konnte AEK nicht im eigenen Olympiastadion antreten und mußte auf die Heimstätte des Lokalrivalen Panionios ausweichen. Allerdings wurde auch dieser Platz unbespielbar, nachdem die Nazi-Ultràs von Panionios den eigenen Rasen und Auswechselbänke für den verhaßten (vermeintlich kommunistischen) AEK zerstört hatten. Deshalb mußten die Athener*innen wiederum ausweichen und zogen am Mittwoch vor 500 Gästefans, denn die AEK Fans durften aufgrund befürchteter Auseinandersetzungen nicht kommen, im Stadion von Olympiakos Piräus in die Euro-League Gruppenphase ein.
Und so zeigen beide Ereignisse, wozu übertriebener Sicherheitswahn und Ultrà Folklore führt – nämlich dem Aussperren von Fans.
Foto via Senza Soste