Talco mit neuem Album unterwegs
Wenn wir neulich schon die italienische Musik von Casa del Vento angekündigt haben, wollen wir an dieser Stelle gleich damit weitermachen und auf eine Band hinweisen, die uns hier bereits in der Vergangenheit beschäftigte: Talco!
Das letzte Mal veröffentlichten wir ein Interview, in dem wir mit Talco über ihr letztes Album Mazeltov sprechen durften. Dieses Mal soll es um ihre neue, die bereits vierte CD gehen, die am 20. August erschienen ist. La Cretina Commedia ist, wie bereits Mazeltov, ein Konzeptalbum. Es beschäftigt sich mit dem Leben, Wirken und der Ermordung von Giuseppe – Peppino – Impastato. Das Album ist ein klares Zeichen gegen die Mafia, die heute noch immer genauso mörderisch agieren kann wie vor 32 Jahren, als sie Peppino in die Luft sprengte.
Bereits auf Mazeltov widmeten Talco Peppinos Schaffen, nämlich seinem Radiosender Radio Aut, ein Stück. Nun arbeiten sie auf einer ganzen Scheibe die Bedeutung des Kommunisten und Künstlers sowie sein Erbe auf. Auf die Idee sind Talco gekommen, als sie den Heimatort von Peppino besucht haben. In Cinisi auf Sizilien haben sie auch Giovanni Impastato, den Bruder von Peppino kennen gelernt und mit ihm die Idee zur CD entwickelt.
Nach einem Intro schließen sich 12 Tracks auf La Cretina Commedia an, die im gewohnten Talco-Ska-Punk-Patchanka das Leben von Peppino behandeln. Da die Liedtexte recht lyrisch formuliert sind, helfen die erklärenden Texte zu jedem Song, die einzelnen Geschichten besser zu verstehen. Wie auch schon bei Mazeltov haben die Jungs von Talco wieder alle Texte auch auf Englisch im Booklet veröffentlicht.
Die letzten drei Songs auf La Cretina Commedia sind besonders bewegend. Sie handeln vom Tod Peppinos und wie seine Tötung das Leben insbesondere seiner Mutter, Felicia Impastato, und seines Bruders sowie dessen Frau, die ebenfalls Felicia heißt, verändert hat. Peppinos Mutter musste fast bis zu ihrem eigenen Tod darum kämpfen, dass das Verbrechen an ihrem Sohn bestraft wurde. Denn erst 2002 wurde Don Tano (Gaetano Badalamenti), ein Onkel Peppinos, für seinen Mord verurteilt.
Inzwischen hat sich in Cinisi viel getan. Die Aufmerksamkeit, die der Cosa Nostra in den letzten Jahren zuteil wurde durch Filme wie I Cento Passi (100 Schritte), und viele Verhaftungen haben die Mafia nicht ausgelöscht, aber zurückgedrängt. Auf von der Mafia konfiszierten Gebieten betreibt nun die Initiative Libera Terra ökologische und faire Landwirtschaft. Die Produkte kann mensch sogar in Berlin erwerben, etwa bei der Trattoria A Muntagnola. Auch Addio Pizzo (Ade Schutzgeld) hat sich auf Sizilien, unter anderem mit Giovanni Impastato, gegründet und ein Netzwerk von mehr als 500 Händlern und Restaurantbesitzern aufgebaut, das sich nicht mehr erpressen lässt.
Um zu zeigen, dass die Mafia aber nicht nur ein italienisches, sondern ein internationales Phänomen ist, reist Giovanni Impastato sogar nach Deutschland. Vergangene Woche war er in Berlin, um bei Mafia? Nein Danke! aufzutreten. Er war aber auch in der Stadt, um ein Konzert mit Talco zu veranstalten und dabei die CD über das Leben seines Bruders vorzustellen. So kamen Freund* einer Berliner Trattoria in den Genuss, Talcos La Cretina Commedia bereits in Berlin zu hören, bevor sie Anfang Februar offiziell hier mit ihrer Tour Halt machen werden. Es wurde ein Konzert in familiärer Atmosphäre, das unglaublich viel Spaß an der neuen Platte gemacht hat!
Ausführliche Rezensionen zu La Cretina Commedia von Talco, Tourdaten sowie Kauf-Hinweise finden sich hier.
16. Oktober 2010 um 7:56 pm Uhr
Besonders bewegend war auch der Anfang des Konzertes von Talco in Berlin. Für einige Augeneblicke lebte Peppino wieder durch seine Stimme. Talco spielte einen RAdio Auto Splitter. Die Anwesenheits des Bruders und seine Erinnerungen waren auch ein Baustein für das Hammerkonzert. Es war beinah schon Avantgarde. Die Band war mehr unterwegs, als auf der „Bühne“. Echt der Hammer…