Groovy! Funky! Yeah, yeah, yeah!

Treffpunkt acht Uhr Morgens! Circa 50-60 Babelsberger*innen und symphatisierende Tifos* versuchten irgendwie so zu tun, als ob sie wach wären. Die einen waren beim HipHop Solifestival im Archiv, wo auch die wortgewaltverherrlichende Quing of Berlin Sookee auftrat. Andere war’n einfach so müde. Um acht Uhr ging’s also los in Richtung Jena. Und nach circa 10 Stunden stand fest, daß der SVB mit drei Punkten die Heimreise antreten würde. Wat ein schöner Ausflug ins Paradies! Die nächsten Spieltage sollte es genau so weiter gehen. Das einzige vielleicht, was allerdings unbedingt verbessert werden muß, is‘ die Torverwertung. Eigentlich hätte es locker 4 oder 5 zu Null ausgeh’n müssen. Den Anschlußtreffer zähle ich nich‘ mit. Das war ein Abseitstor – davon bin ich fest überzeugt! Aber fangen wir von vorne an.

Um kurz nach halb neun startete eine recht ansehnliche und auch große Gruppe Babelsberger*innen vom Hauptbahnhof Potsdam nach Jena. Einige Berliner*innen hatten wohl schon einen Zug früher genommen, was sich im Nachhinein als richtig herausstellte. Aber wer wollte schon noch früher aufsteh’n. Also, ich nich‘! Also, ab in Zug – schlafen, wach werden, picheln, klönen oder sonstwas. Die komischen Menschen mit den Helmen waren locker. In Magdeburg selbst passierte diesmal nix. War allet entspannt. Bloß diese verdammte Lok – also nich‘ die aus Leipzig, sondern die vor’m Zug – machte Probleme, schon in Brandenburg. Die war offenbar völlig verspannt und wollte nich‘ abfahr’n. Mit circa 20 Minuten Verspätung ging’s dan doch irgendwann weiter nach Halle. Leider brachte die Verzögerung den Zeitplan völlig durcheinander, so daß wir es zum Spielbeginn wahrscheinlich nich‘ ins Paradies schaffen konnten. Freundlicherweise warteten die Jenaer*innen aber auf uns. Und so wurde das Spiel erst angepfiffen, als auch die Zugfahrer*innen in der Gästekurve standen. Und da auch der Schaffner bei der Einfahrt in Jena uns viel Glück wünschte, konnte es nur ein erfolgreicher Nachmittag werden!

Nach zwanzig Minuten Fußmarsch an der Saale lang durch das Pfützenparadies, das von den Einheimischen als SaaleVision verklärt wird, kamen wir am Ernst-Abbe-Sportfeld an. Zügig, allerdings unnötig penetrant kontrolliert, ging’s in den schon gut gefüllten Gästeblock rein. Die Horda Azzuro hatte die Südkurve zu ihrem zehnten Geburtstag ordentlich beflaggt. Der Schickeria Großschal war ebenfalls am Start und zeigte so sichtbar die Ultrà-Freundschaft, die nach „wahrer“ ultrà-oldschool Manier auch hochoffiziell besiegelt wurde. Gut ausgestattet, hochmotiviert und enthusiastisch starteten die Gäste den Support. Zu Beginn gab es ’ne Choreo mit Buchstaben. Da stand was von Horda Azzuro und dazwischen Zoo. Kapiert hab‘ ick’s nich‘. [2001 stand da wohl, was Sinn machen würde] Die Jenauer*innen werden aber bestimmt wissen, was gemeint sein soll. In der gegenüberliegenden Nordkurve hingen Banner mit Geburtstagsgrüßen an die Horda. Die Ausgesperrten gratulierten ebenfalls. Sie veranstalteten eine Pyro-Show am Berg. Geholfen hat’s nix. Und so erinnerten die Glückwünsche eher daran, das es trotz alledem was zu feiern gibt. Ein Heimsieg war’s auf jeden Fall nich‘.

Die Gästekurve startete mit hübschen Fahneneinsatz zur Begrüßung der Mann*schaft. Danach ging’s allerdings erstmal eher durchwachsen weiter. Die Kurve stand zwar eng beisammen, was die Mitmachquote aber nich‘ entscheidend beeinflußte. Trotzdem war zu spüren, daß selbst die Auto- und Busfahrer*innen hörbar supportwillig war’n. Leider in der ersten Hälfte nicht durchgehend. Erstaunlicherweise ließ die Unterstützung nach dem Führungstor durch Stroh-Engel erstmal nach. So zumindest mein Eindruck Beim Ausgleich der Gastgeber*innen kurz vor dem Halbzeitpfiff wurde es wieder leiser. Der Support in der ersten Hälfte war grundsätzlich zwar nicht immer richtig laut, dafür aber durchgehend. Spätestens in der zweiten Hälfte lieferte die Gästekurve aber einen weitestgehend geschlossene Vorstellung der gesamten SVB Fanszene ab. Die Ultras der Babelsberger Nord- und der Ostkurve sangen gemeinsam. Sehr schön!

Die Blauweißen auf dem Rasen mühten sich das ganze Spiel lang, genau wie die Tifos* auf den Rängen, drei Punkte mit nach Hause zu nehmen. Jena mußte nach vorne spielen, bekam aber wenig auf die Reihe. Die Abwehr der Babelberger*innen hielt. Außerdem kam der SVB über Konter immer wieder gefährlich vor’s Tor der Blauen aus Jena. Der erneute Führungstreffer durch Müller in der 68. Minute war deshalb nur folgerichtig. Leider konnten danach die zahlreichen Großchancen nicht zählbar umgesetzt werden. Wirklich schade!

Die Stimmung in der Gästekurve war spätestens ab dem 2:1 ausgezeichnet. Die Südkurve hatte zu diesem Zeitpunkt schon längst schlapp gemacht. Von da kam nix mehr. Kurz war zwar noch was von RADAU zu lesen. Aber den gab’s nu‘ wahrlich nich‘. Laut war’s dagegen bei den angereisten Babelsberger*innen. Die feierten sich selbst und ihre Mann*schaft in einem Dauerchor ab circa Minute 75 bis kurz vor dem Abpfiff. Wirklich spektakulär! Fahnen, Banner, Schals und allet, was zeigbar war, wurde hochgehalten und geschwenkt. Dazwischen immer wieder Beinahjubel und Frust wegen der vergebenen Großchancen. Das war echtes Auswärts-Herzrasen! Der Hammer! Nach dem Abpfiff wurde deshalb ausgiebig mit der Mann*schaft gefeiert.

Und so konnte sich mensch entspannt auf den Rückweg machen. Auch der krasse Regenschauer auf’m Weg zum Bahnhof konnte die Stimmung nich‘ trüben. Die thüring’schen Beamt*innen dann aber schon. Die hatten womöglich was dagegen, das die Babelsberger*innen so fröhlich nach Hause fuhren und inszenierten am Bahnhof ein völlig unnötiges Tänzchen. Manchmal ist es besser das Knüppelchen im Säckchen zu lassen – dann klappt’s auch mit feiernden Fußballfans… Die Rückfahrt verlief äußerst ansonsten sehr entspannt. Die mitfahrenden Bundesbeamt*innen störten nich‘ weiter. Etwas irritierend war nur, daß die thüring’schen Polizist*innen offenbar immer ’ne Strumhaube anzieh’n, wenn sie sich die Helme aufsetzen. Keine Ahnung, wat dit soll. Egal! War allet locker.

Ich hab mir dann auch ma‘ ein paar Bierchen genehmigt. Gesponsert vom Menschen ohne Dreads (Danke nochma‘ auf diesem Weg) kam ick der Mentalità Ultrà so Schritt für Schritt immer näher. In Berlin, genauer jesagt in’ner U-Bahn nach Hause, hab‘ ick’s endlich verstanden, wat Ultrà bedeutet. Nämlich: Völlig bekloppt und sinnlos Stunden in der Bahn zu verbringen, sich von Sicherheitsbeamt*innen und unangenehmen Zeitgenoss*innen in den Dorfern nerven zu lassen, jute Gespräche zu führen, rumzuspinnen… Und all das nur um in der Gästekurve neunzig Minuten lang ordentlich Alarm zu veranstalten! Wenn de‘ dann nach Hause kommst, euphorisiert, glücklich, manchmal – wie ick gestern – nah am Kreislaufkollaps, vor allem aber komplett jenseits jeder bürgerlichen Vorstellung von Leben, jenseits nihilistischer oder kapitalistischer Leistungskategorien, ohne sich präsentieren und verwerten zu lassen, ohne den Drang nach Außen irgendwat Positives oder Negatives zu senden, einfach nur mit ’nem Lächeln im Gesicht – dann merk’ste, das’ste wat anderes lebst – nämlich Ultrà!

Fotos von uns gibt’s hier, andere auf der Fotopage der Horda Azzuro (1, 2) oder bei FCC Fieber.

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