Ultrà-Zwick’l in der Nordkurve Babelsberg
Die Herzen unserer Ultras schlugen höher, als sie die heiligen Stufen unseres Karl Liebknecht Stadions hinaufstiegen, um durch gemeinsames Singen & Klatschen die Qualität und Reife unserer Nordkurve unter Beweis zu stellen. An diesem traditionellen Ritual, das in der Ultrà-Sprache supporten genannt wird, hat sich bis heute nichts geändert. Wahrlich einer der schönsten Momente für unsere Ultras ist es, wenn sie beim supporten den vollwürzigen Geschmack der poetischen Ekstase spüren dürfen. Mit dem Genuß & der Beteiligung am Support können Sie dieses Erlebnis geschmackvoll nach empfinden.
Schöner Anfang, nich‘. Klingt so freundlich, so ganz und gar harmonisch, vor allem aber euphorisierend. Und so sollte es tatsächlich sein, wenn die Nulldreier*innen gemeinsam in die Nordkurve einziehen, um die Blauweißen auf dem Rasen neunzig Minuten bedingungslos zu unterstützen. Egal, wie’s grad läuft, wie dämlich mancher Paß verschenkt wird oder die Räume einfach nich‘ genutzt werden. Die Herzen sollten höher schlagen. Und der Lärm aus der Kurve sollte die Gäste, egal ob sportliche auf dem Grün oder performativ Interessierte in der Kurve, vor Ehrfurcht erzittern lassen. Phasenweise sah es diesbezüglich gestern gar nich‘ so schlecht aus. Aber, ich will ja nich‘ meckern, sondern ermuntern: Da is‘ noch mehr drin!
Ansonsten verlief der gestrige Fußballnachmittag ereignislos und entspannend – ausgenommen sind ausdrücklich die unnötigen Widerlichkeiten auf die Tribüne und anderwo. Dazu mehr, weiter unten… Die Anreise lief, wie nich‘ anders zu erwarten war, unspektakulär. Draußen war’s kalt, die S-Bahn warm und pünktlich, der Klön entspannt. Im Fanladen sieht’s wieder hübsch aus. Die neue Anordnung der Sitzecke hat mir gefallen. Vom Nulldreiwochentagsstützpunkt ging’s dann schnell ins KarLi. Die Kontrollen waren in Ordnung – hatte ich auch schon anders erlebt. Völlig blödsinnig und hinterfragenswert finde ich aber die mir neue Überprüfung der Spruchbänder. Die sollen nun vollständig ausgewickelt und geprüft werden. Wovor hat der Verein da wohl Angst. Oder is’et eher der gelernte Koch und Geschäftsführer, der die ihm gegenüber sprachlich kreativ präsentierte Ablehnung unterdrücken will. Ach, wo’s mir grad einfällt: Wer is‘ eigentlich aktuell Ansprechpartner*in für Fan-Angelegenheiten im Vorstand?
Und wo wir grad‘ beim Verein sind. Es gibt da eine*n Neue*n – ein*e weitere Übergangspräsident*in. Walter von und zu is’es nich‘ geworden. Klaus hatte wohl keine Ambitionen. Ein Vorstandsposten reicht offenbar. Und ein*e gehandelte*r Berliner Logistikexpert*in, die*er als Torte sehr viel bekannter ist, wurde es ebenfalls nich‘. Ein Babelsberger „Urgestein“ steht nun an der Spitze und kündigt bereits an auf Sponsoren-Akquise zu gehen und damit den Job zu machen, für den eigentlich ein gewisser Brüggemann als Geschäftsführer*in eingestellt wurde und bis heute bezahlt wird, was aber eben jene*r seit der Verpflichtung nich‘ geleistet hat. Apropos Verpflichtungen – dafür soll nun derjenige verantwortlich sein, der eine Spieler*innen-Beratung unterhält und sich eigentlich um die bereits angesprochenen Sponsor*innen kümmern soll(te). Zu diesem Ämterwahnsinn und Verantwortlichkeitenkuddelmuddel gibt es, glaub‘ ich, nix mehr hinzuzufügen… Nur vielleicht, wer is‘ eigentlich Guido Koch?
Gespielt wurde am Samstag Nachmittag ebenfalls. Viel hatt‘ ich ja nich‘ erwartet. Was soll schon bei ungemütlichem Wetter, nasser Kälte, die überall hin kriecht, Ewigkeiten kein Liga-Fußball und ’nen Grün, was eher Ähnlichkeiten mit ’nem gut wassertragenden Moosteppich hatte, also, was soll schon bei widrigen Bedingungen Innen und Außen raus kommen. Das konnte eigentlich nur ’nen Grottenkick mit ’nem knappen 0:0 werden. Aber die Statistiken hatten doch ma‘ wieder recht und es fielen einige Tore. Die ärgerlichsten war’n die kurz vor dem Abpfiff. Aber eins nach dem anderen…
Die Gäste legten motiviert los und bestimmten von Beginn an die Partie. Der Führungstreffer, so schlecht Löhe dabei aussah, war ehrlich gesagt nur eine Frage der Zeit. Aber dieses Gegentor muß die Nulldreier*innen so richtig wachgeklingelt hab’n. Denn nun legten sie los und Kreuels wurschtelte sich treffsicher nach nur wenigen Sekunden zum Ausgleich. Danach fand Babelsberg in die Partie. Gutes Stellungsspiel hinten und ’ne ordentliche kämpferische Leistung vereitelten so einige womöglich erfolgversprechenden Ansätze der Gäste. Das es dabei manchmal ganz schön ruppig zu ging, dürfte keine*n verwundert hab’n. Die Rote gegen Assimiou Touré nach ’ner akrobatischen Glanzleistung in Sachen simulierten Abhebens und spektakulärem auf dem Rasenrumwälzen von Dennis Malura war dann aber schon ein Schock. Insbesondere, weil Touré ihn nich‘ ma‘ berührt hatte, sondern der Artist*in quasi um geschossen wurde. Naja…
In der ersten Halbzeit passierte bis auf den erneuten Führungstreffer aus der zweiten Reihe wenig. Nulldrei verteidigte ordentlich und stellte die Angriffsbemühungen weitestgehend ein. Nach dem Wiederanpfiff sah’s erstma‘ nich‘ viel anders aus. Babelsberg schützte den Sechzehner und versuchte über lange Bälle und Konter doch noch zum Ausgleich zu kommen. Und das gelang auch, in der Sechzigsten. Danach verteidigten die Nulldreier*innen nur noch. Das Spiel der Heidenheimer*innen konnte bei jedem neuen Versuch näher ans Tor heraus zu kommen erfolgreich gestört werd’n. Immer wieder war da noch’n Bein, noch’n Körper… und wenn doch ma‘ was durchkam stand da Löhe. Die Gäste hab’n es den Gastgeber*innen aber auch nich‘ grad schwer gemacht in der Verteidigung gut auszuseh’n. Und dann zappelte der Ball doch noch ma‘ im Netz. Und nach ’ner schönen Abschlußoffensive leider mit dem Abpfiff gleich nochma’…
So richtig schön sah’s nich‘ aus, was die Nulldreier*innen und die Gäste aus’m Dorf aus der Schwäbischen Alb abgeliefert haben. Spannend war’s zwar, aber viel zu viele Pässe gingen ins Leere. Vor allem im Strafraum versagten die Blauweißen. Nach vorne fehlten die Ideen und die Kreativität. Bis auf ein einziges mal – als Kreuels sich ein Herz faßte und unaufhaltsam in den Sechzehner strebte und abzog, in die Maschen. Toll!
Recht ansprechend fand ich auch, wie sich die Nordkurve präsentierte. Mit lautstarker Unterstützung aus dem hohen Norden legten die wenigen aber offenbar gut motivierten Sänger*innen gut los. Die erste Hälfte gab’s ’nen durchgehenden Support. Die zweiten 45-Minuten war’n nich‘ mehr ganz so überzeugend. Obwohl zum Ende hin wurd’s besser. Der Feier-Chor zusammen mit den Vorsänger-Menschen krachte ordentlich. Zum Ende hin beteiligte sich mindestens die halbe Gegengrade. Das paßte auch gut zum Spiel, denn die Blauweißen auf dem Rasen bemühten sich den Punkt festzuhalten und vielleicht doch noch ’nen Dreier zu holen. Also, nich‘ ganz die Legende, die es werden soll, aber schon besser als so mancher Auftritt bei vollerer Kurve.
Aber gar nich‘ schön war, wie sich die anderen Sektoren benommen haben. Widerlich! Einfach nur unterste Schublade. Dämlichstes Rumgepöbel. Spielunabhängiger Anti-Support. Peinlichste Gewaltdrohungen. Sexismus & Homophobie. Echt zum kotzen! In’ner Nordkurve kochte der Zorn zwar auch. Aber außer dem hoffentlich ironisch gekonterten „Auf die Fresse“ nach dem unmotivierten Rumwälzen kurz vorm Halbzeitpfiff, was aber trotzdem gar nich‘ geht, war das Niveau beim Pöbeln recht hoch und vor allem argumentativ stringenter. Aber homophobes „Lutscher“-Gegröhle gab es hinter der Fußballfans gegen Homophobie Bande eben nich‘. Und dümmlichen eher dynamoinspirierter Anti-Babelsberg-Support, wie in so mancher anderen Ecke des KarLi erst recht nich‘. So richtig scheiße und widerwärtig hat sich aber die Tribüne präsentiert. Die älteren, auschließlich männlichen Herr(!)-Schaften – was hier eigentlich stehen sollte, so was ähnliches, wie große alte, vor allem Provinz beheimatete Kartoffel-Aufbewahrungsbeutel, wurde im Konsens gestrichen – pöbelten auf’s übelste gegen alles und jeden, der sich aus der Ferne aufmacht hatte, den eigenen Provinzverein zu unterstützen. Das Pöbelikon, der Duden der ganz harmlosen Sitzplatzbürger*innen, der apolitischen Extremist*innen der Mitte wurde rauf und runter deklamiert. Mal laut mal leiser prasselte es auf die Spieler*innen udn vor allem den Gäste-Trainer*in nieder. Echt ganz, ganz, ganz niedrige Schublade… Das so was im Forum von einzelnen auch noch goutiert wird, echt erschreckend!
Bloß gut, daß Nulldrei für was anderes steht. Nämlich eben nich‘ für widerlichste sexistisches, homophobes und sonst irgendwie abwertendes Gepöbel. Die von Klaus so oft Hort von Chaot*innen und ganz intoleranten Extremist*innen diffamierte Nordkurve hat sich benommen. Der Rest des KarLi nich‘. Und dies hat manche*n sogar noch extra motiviert. Vielleicht war’s sogar diese Motivation, die am Ende den Ausschlag gegeben hat.
Das Zitat zu Beginn ist die modifizierte Legende vom sehr leckerem Zwick’l Kellerbier. Das Bild is‘ vom Filmstadt Inferno ’99.
Schlagworte: Dritte Liga 2012 / 13, Karli, Nordkurve, smash homophobia, SVB, Ultrà