Wat’n Theater V

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Yeah! Ich hab fünf Kolumnen jeschafft und nich nach wenigen Wochen aufgegeben. Yippie! Aber es gibt keine Zeit zum verschnaufen. Weiter jehts! So wie dit Team. Dit mußte heute, am Mittwoch, nach der bescheidenen Leistung in Neustrelitz im Pokal ran. Und leider jabs für die mit Bus, Bahn und Sonder-Tram anjereistn wieder nur sportliche Magerkost. Aber es hat jereicht. Und Nulldrei steht im Pokalfinale. Gegner*innen sind die Optiker*innen aus Rathenow…

Aber eigentlich wollt ich ja über wat janz anderes schreiben. Und zwar über dit Lieblingsthema des DFB, der regionalen Verbände, der Sicherheitsbehörden und ihrer Lakaien*, der Innenminister*innen und vor allem der aktiven Fans. Tja! Worum wird es sich wohl handeln. Wat so viele Leute beschäftigt. Ihr kommt echt nich drauf?! Na wat wird dit wohl sein – jemeint is selbstverständlich Pyrotechnik. Dieset leuchtende, blinkende, manchmal mit fettem Rauch unterstützte Fanrequisit, dit nich nur eins der beeindruckendsten Mittel is, Leidenschaft und Emotionen darzustelln, sondern auch immer wieder für Ärger sorgt. Aber eigentlich paßt dit eigentlich nich Pyrotechnik Requisit zu nennen. Sie is ein Mittel, ein besonders schönes performatives Mittel, das jede*r Mensch nur lieben kann!

Obwohl: Mit der Liebe is dit so ne Sache. Ick zum Beispiel kann Böller, Kracher, die berühmten La Bombas oder irgend wat anderes, was plötzlich explodiert und Lärm macht, absolut nich leiden. Dit erschreckt mich nur. Auch wenn ich gerne zugebe, daß in mediteranen Kulturkreisen dieser Lärm durchaus nen Push fürs Team und die Kurve bedeuten kann. Ganz zu schweigen von den leuchtenden jungen und älter gewordenen Augen, wenns in den Straßen knallt… Und Hunde mögen den Lärm och nich. Die solln ja sehr viel besser hörn als Menschen. Deshalb kommt dieser willkürlich auftretende Lärm bei diesen lieben Tieren nochn Zacken lauter als bei uns an. Und da zucken die Hundis nur zusammn. Also: Respektiert die Hunde und unterlaßt das böllern!

Aber Scherz beiseite. Ich mag Feuer. Kerzen sind toll. Son Lagerfeuer hat och wat für sich. Als ich noch jünger war, ham wa Quetschenpaua Songs zur Klampfe jegrölt. Oder: wenn er selba da war, andächtig der autonomen Lyrik jelauscht. Da die meisten uffm Boden hockten, konnte och keener umkicken oder nach hinten vom Stuhl fallen. Wobei so wat och vorjekommn sein soll. Wurde mir zumindest erzählt. Erinnern kann ich mich aba nich… Aber ich schweife ab. Ich war bei Pyrotechnik.

Auf dit Thema bin ich jekommn, weil mir nen Text von Hakim Bey nach Jahren wiede ma in die Hände jefalln is. Der Typ is der Hammer. Er* is sowat, wie der* philosophische Mystiker* der künstlerischen Autonomenavantgarde. Er hat Anfang der 90er nen Pamphlet jeschriebn, dit sich T.A.Z. nennt. Damit is nich diese grünjewaschne Postille der weißen Bürgersleute jemeint, die immer noch, obwohl dit nu schon jede*r Depp erkannt habn muß, diesen anthroposophischen Sektendreck, diesen rassistischen und strukturell antisemitischen Müll verbreiten. Ja! Dieset Wurschtblatt is nich jemeint. Dit Akronym steht für… Trommelwirbel… Tada: Jemeint is die Temporäre Autonome Zone! Wahnsinn, nich. Und dieser Hakim Bey hat über die jeschriebn.

Da jehts um subversive Kunst. Es werdn die Grundlagen für nen ontologischen Anarchismus entwickelt. Wat dit sein soll, hab ich ehlich gesagt nich kapiert. Aber dit hat irgendwat mit Metaphysik zu tun. Dit soll die Wissenschaft vom Seienden sein, von den Grundstrukturen der Wirklichkeit und der Möglichkeit… Naja! Bei Hakim Bey klingt die T.A.Z. eindeutig nich so jeschwolln. Und Kapitel wie Chaos, Poetischer Terrorismus, Kunstsabotage, Zauberei und Werbung klingen doch eigentlich och eher nach Fußball und Fankultur, als nach Philosophie, Kunst und Kultur.

Glaubt ihr nich?! Na denkt doch ma an dit Durcheinander iner Kurve. Wenn alle durcheinander wuseln, Choreos vorbereitet werdn, Material verteilt wird, sich Leute unterhalten, blöd rumpöbeln… Dit is Chaos, aber Chaos mit ner inneren Ordnung. Und so weit is dit dann nich mehr von der Anarchie entfernt… Beim Poetischen Terrorismus siehts ähnlich aus. Der meint nämlich Leute einfach ma wat total unglaubliches zu erzählen und sie davon zu überzeugen, daß dit tausendprozentig stimmt. Und: Später werden die Leute feststellen, daß sie einen Moment lang an etwas Außerordentliches geglaubt haben & werden dadurch vielleicht bewegt, eine intensivere Existenzweise anzustreben. Geil, wa!

Kunstsabotage ham Ultras och druff. So oft, wie sie kreativ Rock- und Pop-Klassiker umdichten. Die Motive für Sticker, die sich schamlos, ohne sich um irgendwelche Copyright-Scheiße zu kümmern, an allem bedienen, wat die Kunst- und Kultur herjibt. Ganz zu schweigen von den Tapeten und dem kreativen Diss, den die Nordkurve janz ordentlich druff hat. Mit Zauberei hat so manche Choreo oder Match zu tun. Und Werbung… Tja, Propaganda! Da stehn wir doch alle drauf.

Und dieser Bey, dieser Tausendsassa und wahrscheinlich der erste philosophische Ultra der Weltgeschichte, schreibt über dit Lieblingsthema der Fans – über Pyrotechnik. Seine Ode an die Waffe, die nicht töten soll, sondern das feinste Beispiel für Poetischen Terrorismus is. Denn: Pyrotechnik verursacht nen ästhetischen Schock. Schießpulver is nich zum Töten da, sondern daß et ordentlich knallt und leuchtet. Bey empfiehlt: Greift eure örtliche Bank oder die häßliche Kirche mit Leuchtkugelröhren & purpur-goldenen Leuchtraketen an, spontan & anonym. Dit wär doch ma wat… Aber lassen wir dit träumen. Zurzeit brauchts auch nich unbedingt Leuchtmittel, um iner Nordkurve Poetischen Terrorismus hinzukriegn. Dit kriegn wa och ohne hin. Denn wir habn janz besonders explosive Waffn – nämlich Lachen und ganz viel Liebe!

Zuerst erschienen im Ultra Unfug #197

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