Wat’n Theater VIII – Da is Musike drin

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So ne Kurve is echt toll. Wenn die Leute jut uffjelegt sind, sie den Feierabend jenießen oder och dit Wochenende entspannt einläuten wollen, dann kommt dit schonma vor, daß die janze Kurve schöne Liedchen trällert, jemeinsam schunkelt und klatscht oder brachial dit Team nach vorne peitscht. Wenn diese ausjelassne Freude, der Enthusiasmus der Fans oder och ma der unbändige Haß aufm Heiljen Rasn ankommt, dann wird dit Push jenannt. Jemeint is damit, daß die Aktiven uffm Grün noch ne Schippe rufflegen und den Sack zu machen, wie die niedlichen Phrasentierchen so gerne raushaun. Also: Wenns jut läuft, dann jibt sich die Kurve nem kollektive Rausch hin, blubbert in Ekstase samt emotionalen Ausbrüchen vor sich hin sowie jenießt den Rhythmus und tanzt. 

Ick mag ja Rhythmus. Mit komplizierten Klatscheinlagen komm ich zwar nich klar. Aber ick bin ja och nich so der Experte in Takt, Metrum und sonstwat. Da is unser*e grandiose*r Kurventrommler*in der bessere Jesprächspartner*in. Lobt die Person ma, wenn ihr den Derwisch mitn Sticks seht. Und singt lauter, wenn er loslegt. Aber kommen wa zum eigentlichen Thema zurück. Grundsätzlich finde ich Rhythmus jut. Mucke is supa! Nich so mein Ding is dabei der langweilige Vierviertel-Takt, der im Schlager, im Pop und diesem Rummel-Techno der 90er weit verbreitet is. Ick mag die Zwischentöne, dit Bunt zwischen schwarz und weiß. Hihi, wieder so ne Phrase… Der Muckeexperte nennt sowat wohl Offbeat. Ska zum Beispiel nutzt diese komischen Dinger. Dubstep hat wat anderes auf Lager – da kommen Synkopen zum Einsatz. Reggae nutzt diese synkopiert rhytmische Verschiebung ebenfalls. Und wat denkt ihr, wat ich grad höre, während ich diese Zeiln schreibe? Na… Jenau: Roots Reggae!

Und so sind wa schon komplett bei der Musike anjekomm. Und die is nich nur in er Kurve wichtig. Dit janze Lebn besteht aus Musike. Überall is Mucke! Dit Babyjegröhle is unrhythmisierte Musike für die Eltern. Allerdings nur insofern nich zu oft zum jeschrienen Gesinge anjehobn wird. Dit wird irgendwann durch Zähl- und schlecht jereimte Lieder abjelöst. Die feierlichen Momente, wie Bar- oder Bat Mizwa, Firmung, Konfirmation oder Jugendweihe, werden durch Jesänge oder klassische Musik begleitet. Zu diesem janzen religiösen Jedöns überhaupt jehört imma och Mucke – die wird manchmal nur jesungn, manchmal aber auch durch Instrumente begleitet. Und die Musike wirste nich mehr los. Konzerte, Filme, Hochzeiten – wenn de dich dann doch dazu entschiedn hast – und och Theater jeht jar nich ohne Mucke. Und weil dit so wichtig für dit Lebn und die Kultur is, ham sich über Musike och janz viele Leute Jedankn gemacht.

Schon in er Antike jing dit los. Der alte Griesgram Platon mochte weder Malerei, Theater noch die Musik. Für ihn war dit allet Schein statt sein. Vielleicht hätte er öfter mal zu den Seher*innen jehn und och ma von ihren Pilzen naschen solln. Sein jüngerer Kollege und besonders raffinierter Voyeur Aristoteles war da schon offener. Der hat nämlich in seiner „Poetik“ neben Epik, Tragödie, Komödie och die Mucke mit einbezogen. Dit is aber och keen Wunder, da die politisch-unterhaltsamen Dionysien und späteren Theater-Wettbewerbe allesamt jesungn wurden. Und die müssn eigentlich sogar so ne Art antike Travestiespiele jewesn sein. Denn die Figuren wurden ausschließlich von Männern* jesungn, die dann och noch Masken uff hattn. Diese Masken war übrijens ziemlich lange beliebt. Noch im Mittelalter sangen sich maskierte Akteur*innen die Seele ausm Leib. Erst diese protestantischen Deppen Johann Christoph Gottsched und Gotthold Ephraim Lessing ham uns dit versaut. Der Jean-Jacques Rousseau war da nich janz so ideologisch, dafür aber och zu weltvergessn. Der saß einfach nen bißchen zu lange in seinem Elfenbeinturm und dort können Skulpturen och ma lebendig werden, wie zum Beispiel im weltweit ersten Melodram Pygmalion. Den absoluten Vogel hat allerdings Nietzsche abjeschossn. Der meint doch tatsächlich, daß die Tragödie – dieset absolut langweilige Jemetzel uff der Bühne – aus irgend nem Geist Musik enstandn sein soll. Naja, ick habs nich so mit Übersinnlichem und kapiert hab ick och nüscht von dem, wat olle Nietzsche niederjeschriebn hat. Die Sätze warn einfach viel zu lang und bevor ick am Ende anjekommn bin, hab ick vergessn, wat da am Anfang stand. Aber für die Avantgarde war der Nietzsche wohl wichtig…

Ick finde ja sowieso die Musike ausm Lautsprecher oder den kollektiven Rhythmus iner Kurve besser. Und darüber hat, gloob ick, noch keener jeschriebn. Also: Es wurde endlich ma Zeit dit zu erwähn. Denn och in er Kurve is Musike drin!

Zuerst veröffentlicht im Ultra Unfug #201

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