Wat’n Theater XVIII – Und so’n Durcheinander
In der letzten Kolumne war ich noch ganz kämpferisch. Mit Brecht, der kämpfen will, auch wenn er verliern könnte, wollt ich nicht aufgebn. Und einen auf Che Guevara machen, der von uns fordert, realistisch zu sein und das Unmögliche zu schaffen. Tja… Ich habs versucht und bin gescheitert… Aber leider, das muß ich zu meiner Schande gestehn, an mir selbst. Echt kein schönes Gefühl. Richtig blöd, kann ich da nur sagn. Aber es geht weiter. Mit Brecht und Che. Und selbstverständlich mit Honecker. Denn: Vorwärts immer! Rückwärts nimmer! Deshalb hier die neue Kolumne.
Und ich komme gleich zum Punkt. Denn ich soll schneller auf den Besagten zu steuern. Wurde mir gesagt. Sonst wird’s langweilig. Oder es wird gar nicht erst weitergelesen. Schade eigentlich. Dabei versuch ich schon aufn Punkt zu kommen. Das is aber gar nicht so einfach. Vor allem in so’ner verrückten Zeit, wo allet durcheinander zu laufn scheint. Es läuft nen richtig fett spektakuläres Theater auf allen Kanälen. Und Gespräche mit Freund*innen, Infos ausm Netz oder erst Recht die Flimmerkiste gebn nix her. Im Gegenteil: Es wird immer schlimmer. Diese üble Kampagne gegen Griechenland, die bösartigen Lausbubn aus der Syriza Regierung und die Säbelzahn-Russ*innen nervt. Es ist mir ein Rätsel, wie alles, aber auch alles, was im Zusammenhang mit diesen zwei Ländern passiert verdreht, durchgekaut, verdaut und wiedergekäut und am Ende als bräunlich haßerfüllter Brei dem ressentimentbehafteten Publikum präsentiert wird. Echt zum kotzen.
Egal was Tsipras, Varoufakis und Co machn, allet is falsch. Sie sollen „Hilfszahlungen“ erhalten (haben), die doch eigentlich nur Kredite sind. Hinzu kommt, daß der klamme Staatshaushalt brav an die deutschen mehrere Millionen Zinsen gezahlt hat, obwohl sie seit mehr als einem Jahr keine Kredite – im orwell’schen EU-Neu-Sprech zu Hilfszahlungen umgedreht – mehr erhaltn haben. Der neueste Coup der Trottel in den Amtsstubn is aber, daß diese fiesn Griech*innen dreisterweise die Reparationen und die Rückzahlungen des Nazi-Kredits verlangen und dies sogar mit den aktuellen Schulden verrechnet haben wolln. Ersteres is richtig, aber keineswegs dreist, sondern einfach nur ehrlich. Die Ablehnung dessen mit Verweis darauf, daß sei doch alles lange lange her und längst vergessen, ist einfach nur zynisch. Letzteres scheint eine regressive, durch und durch deutsche, unheimlich tief sitzende pathologische Wahrnehmungsstörung zu sein. Denn: Die Griech*innen vermischen die Reparationen und die Schuldenrückzahlung aus der Nazi-Zeit keineswegs mit den aktuellen Problemen. Sie wolln einfach nur endlich darüber sprechn und entschädigt werdn. Wer kanns ihnen verdenken, bei der Scheiße, welche die Nazis in Hellas angerichtet haben und die aufgrund der politischen Schwäche des Landes nie ordentlich aufgearbeitet geschweige denn in welcher Form auch immer zurück gezahlt wurde. In diesem ganzen medialen Störfeuer kann eigentlich nur ein situationistischer Aufstand gegen die die Gehirnwindungen verkleisternde Gesellschaft des Spektakels helfen. Also: Auf die Barrikadn – Gegen Schäuble, den scheinheiligen Ideologen des Kapitals und Profiteur von jüdischen Vermächtnissen! Für Varoufakis! Empros Ellada!!
Aber lassen wir diese verkürzte Medien- und Kapitalismus Kritik. Kommen wir zu wat ganz anderem. Nämlich zum unsäglichen Philoukrainismus. Grauenhaft, wie diese Schwachköpfe in der ukrainischen Regierung hofiert, gehätschelt und bei all ihren Lügen weiterhin unterstützt werdn. Da präsentiert Poroschenko, wohlgemerkt politisch der gewählte Präsi und Obermacker der Ukrainer*innen, medial der größte Medienmogul und Waffenhändler in der Ukraine, irgendwelche russischen Pässe, die Separatist*innen abgenommen worden sein sollen. Viele reiben sich fast schon beschämt die Augen und gehen einfach über diese skurrile Inszenierung eines ganz besonders perversen, absurden Theater hinweg. Denn: Soldat*innen haben keine Pässe. Sie haben Hundemarken. Die Pässe werdn ihnen abgenommen, wenn sie in‘ Dienst gehen. Das is weltweit so. Und was erzählt uns das. Na?! Na klar. Die Separatist*innen sind KEINE russischen Soldat*innen. Und so geht Poroschenkos Performance nach hinten los. Aber die Presse interessiert sich nich für diese Lüge. Dit würde ja das Bild der Freiheitskämpfer*innen der Anti-Terror-Operation beschädigen…
Und da sind wir schon beim Thema. Nämlich bei den Querfront Tendenzen in der Ukraine und Belarus. So wies zurzeit nämlich aussieht, muß mensch leider feststelln, daß sowohl die Kontakte zu antifaschistischen Fußballfans in der Ukraine aber auch in Belarus hinterfragt werden müssen. Vor wenigen Wochen tauchte ein Shirt von Arsenal Kyiv Ultras auf, auf dem die schwarze Sonne zu sehen ist. Das war das I-Tüpfelchen in einer langen Kette von Kooperationen mit Nazis während der Riots auf dem Maidan und während des Kriegs im Donbass. Erschreckend ist außerdem, daß (ehemalige) Arsenal und Partizan Minsk Hools in der Band Brutto spielen und Lieder für ukrainischen Mörder*innen wie die des faschistische Bataillon Azov dichten und sich nicht entblöden sich mit Faschist*innen ablichten zu lassen. Auf der anderen Seite solidarisieren sich Genoss*innen aus Italien, Spanien und teilweise auch auch Schottland mit den Nazis auf Seiten der vermeintlichen Volksrepubliken. Da bleibt einem echt nur ein unendliches Kopfschütteln…
Tja und bei soviel Kopfschütteln, ner permanten spektakulären Performance der Verdummung und Verdrehung, bei all dem Wahnsinn, wo ein lügender Präsi und nen ehemaliger KGB Offizier und alternder Macho-Präsi vermittelt durch nen großväterlicher Diktator Frieden schließen sollen, wat willste da machen. Aufn Punkt kommen, is da echt verdammt schwer. Ich würd ja fast behaupten, daß dit unmöglich is. Denn: Es sind zu viele ideologische Info-Knäuel unterwegs, die sich kaum entwirren lassen. Gerade am Montag kam ein neuer Knoten hinzu. In’er Ukraine kämpft ein jüdischer Israeli, einer der Gründer*innen der antifaschistischen Punk-Szene aus Tel Aviv auf Seiten der ukrainischen Regierung im Donbass und is auch noch stolz drauf. Er will jetzt die ukrainische Staatsbürgerschaft haben und für immer für eine freie Ukraine kämpfen. Wahnsinn…
Und wat bleibt nu. Kein Punkt. Sondern ne Menge Durcheinander. Und ne Armee von Osterhasen. Varoufakis. Fußball. Der Derbysieg. Und die Anstalt, die eigentlich am 24. März ausgestrahlt werden sollte, aber aufgrund des Absturzes einer Germanwings-Machine verschoben wurde. Übrigens auch dazu gabs so ne nervige Medienkampagne… Aber zurück zur Anstalt. Kuckt sie euch an! Und zwar hier.
Erschienen im Ultra Unfug #212
Schlagworte: Die Anstalt, Griechenland, Ukraine, Wat'n Theater