Wat’n Theater XXVII – Er ist wieder da!
Eigentlich war Er ja nie weg. In den 90ern habe ich mich noch über diesen Kack-Typ amüsiert, als Walter Moers Geschichten einer gewissen Nazi-Sau Adolf im Comic verarbeitet hat. Dieser Typ lebte im Gegensatz zu manch skurriler Verschwörungstheorie nicht in Neuschwabenland oder hinterm Mond, sondern in der Berliner Kanalisation und tauchte nach 50 Jahren wieder auf. Das Lachen blieb mir aber auch schon damals im Halse stecken. Nicht nur wegen dem Deppen Guido Knopp, der als einer der Ersten das neue Doku-Genre Wehrmacht-, SS- und als Sahnehäubchen die Hitler-Pornos produzierte, bei denen das Bildungsbürgertum ganz erschrocken tun und sich gleichzeitig von diesen Monstern distanzieren konnte.
Die direkte Konsequenz der Mär vom Ende der Schuld und Verantwortung für den Nationalsozialismus ist Martin Walsers Rede zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels am 11. Oktober 1998, in der er sich gegen die vermeintliche „Dauerpräsentation unserer Schande“ und gegen irgendeine Moralkeule wehrte sowie von einer Instrumentalisierung von Auschwitz durch Jüd*innen phantasierte. Nur zwei Jahre später, fast auf den Tag genau, wird ein Brandanschlag auf die Synagoge in Düsseldorf begangen und der sogenannten Aufstand der Anständigen beginnt. In Lichterketten, Integrationsfesten, mit Aktionsplänen und Geldern für zahlreiche Projekte kauft sich der deutsche Pöbel frei und kann so spektakulär simulieren, dass Er nicht mehr da ist.
Übrigens sollen in diesen Tagen vor fünfzehn Jahren der berühmt berüchtigte Antifa e.V., die Antifa Gewerkschaft und auch die Antifa GmbH gegründet worden sein. Das Organigramm dieses bösartigen, antivölkischen Netzwerks haben übrigens die wahrheitsliebenden Medienaktivist*innen von RT enthüllt. Aber lassen wir die Scherze. Denn es ist nämlich gar nicht witzig. Denn dieser Hitler war bereits zu Beginn des neuen Jahrtausend längst aus der Gülle ins World Wider Web geschwappt. Jan Delay hat ihn dort schon 2001 entdeckt. Und seitdem treibt sich dieser Vollpfosten überall herum. Er muss auch gar nicht mehr selbst rumpöbeln. Denn das übernehmen für ihn bürgerliche Rassist*innen wie zum Beispiel Thilo Sarrazin und Heinz Buschkowsky, wobei Ersterer seinen Kackscheiß mit Sozialchauvinismus und Letzterer mit Antiziganismus garnieren. Außerdem gehören beide zu einer anti-muslimischen Avantgarde, die im Laufe der Zeit über die Autor*innen der Achse des Guten und den Hatern von Politically Incorrect directamente zum Widerling Akif Pirinçci führt.
Also, er war nie weg. Deshalb ist es auch nicht sonderlich kreativ ein Buch, auch wenn es ein satirisches ist, mit dem Hitlerbärtchen und dem Titel „Er ist wieder da“ zu schreiben. Denn wer mit offenen Augen die Entwicklung der letzten Jahre anschaut, braucht sich nich wundern, dass der Lynchmob mit einem regressiven Kinder- und Frauenschändungsfetisch sowie zwanghaftem Reinheitsfimmel massenhaft auf die Straße geht, pöbelt, zündelt, prügelt, jagt und am liebsten auch mordet. Das dieses Büchlein verfilmt wurde, macht es nicht besser. Und das dieses Machwerk eine komische Mischung aus Scripted Reality, Doku und Spielfilm is, finde ich auch nicht gerade erfreulich. Aber ich hab mir den Film angekuckt. Und ihr solltet es auch machen.
Denn er lohnt sich. Trotzdem. Auch wenn Hitler als Comedian lustig rüber kommt. Auch wenn die Figur gar nicht lustig sein will, sondern bierernst als Er-Selbst dem Volk präsentiert wird, der selbst nicht davor zurück schreckt Nazis zu veräppeln. Dieser Hitler is also kein Stefan Raab, Mario Barth, Atze Schröder oder sonst irgend ein Nuhr, äh noch so dämlicher Comedian. Er ist entblößend komisch und das Lachen is eher ein Auslachen des Nazi-Packs. Aber die Komik wandelt sich. Sie wird zunehmend zur Farce und manch krasse Situation – wie zum Beispiel das Beinahe-Lynchen eines Punks – verwandelt sich zuerst in Schrecken und dann in einen Schock. Spätestens als eine Shoa-Überlebende den Hitler-Comedian rausschmeißt, der von den Anderen, bis auf eine*n Österreicher*in zum Comedian gemacht wurde, blieb mir das Lachen im Halse stecken. Grauenhaft diese Szene…
Und trotz des Schocks, trotz des Erschreckens bleibt eine Unsicherheit. Denn es ist völlig unklar, ob auch den Anderen das Lachen im Halse stecken bleibt, sich die Komödie in eine Farce oder vielleicht sogar in eine bittere Tragödie verwandelt. Noch schlimmer is aber, dass es jederzeit wieder möglich ist, dass sich diese Nazi-Scheiße wiederholen kann. Und wir sind längst näher dran, als gedacht. Vielleicht bleibt deshalb keine echte Wut oder Empörung. Vielleicht führt deshalb dieser Film nich zur Erkenntnis oder zwingt zum Handeln, sondern lässt dich eigentlich nur verzweifelt zurück. Vielleicht siehts bei Anderen aber auch anders aus und sie wollen dieser Nazi-Kackbratze eins in die Fresse geben. Keine Ahnung… Auf jeden Fall: Er ist wieder da. Und wir sollten endlich aktiv werden!
Zuerst veröffentlich im Ultra Unfug #221 zum Spiel gegen Zwickau
Schlagworte: Buschkowsky, Film, Hitler, Rassismus, Sarrazin, Wat'n Theater