Wean mit’da Vienna

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Ich sammle ja eigentlich keine Stadien, wie so viele andere verrückte Fußballfans. Liga-, Stadt- oder Länderpunkte sind mir schnuppe. Ich sammle lieber Brauereien. Wobei ich so richtig viele noch nich gekreuzt hab, oder wie auch immer das immer Hopper*innen-Sprech heißen mag. Und dennoch fahre ich manchmal zu Freund*innen, um mal andere Szenen und Stadien kennenzulernen. Diese Saison war Wien im Allgemeinen und die netten Menschen von der First Vienna im Besonderen dran, die ich sowohl zum Hin- als auch zum Rückspiel im Dörbi besucht hab.

Wien is übrigens eine nette kleine Stadt, mit erstaunlich entspannten Bewohner*innen. Die Menschen reden ganz süß und fast überall, außer in’er Nähe vom Meidlinger Bahnhof, gibt’s leckere Käsekrainer, wahlweise geschiss’n oder auch mit Ketchup. Außerdem gibt’s in der Stadt neben Ottakringer und Schwechater einige Gasthausbrauereien und ihre Erzeugnisse, die ich diesmal etwas näher begutachten wollte. Aber vor dem Trinken, kommt das obligatorische Sightseeing. Zumindest bei mir… Diesmal war als einziger Ort das Sowjetische Ehrenmal zur Befreiung Wiens von den Nazis angepeilt. Und dort ging es, nachdem Frühstück gemeinsam mit den Gastgeber*innen hin, Fotos machen und weiter zum Brauhaus. Und zwar in eins, das ich nicht auf meiner Liste hatte, aber einige schöne selbstgebraute und ungefilterte Biere auf der Karte hatte. Es nennt sich 1516 nach dem Jahr des Reinheitsgebots, macht einen auf Pub und Sportsbar. Zu Essen gibt’s auch. Und zwar österreichische Spezialitäten und leckere Kartoffelwedges. Ich hatte ein dunkles Bier und nen Roggenbock, dazu gabs die schon erwähnten Wedges. Alles sehr lecker!

Weiter ging’s aber schon ziemlich zügig mit Fußball. Auf dem Plan stand das Westderby zwischen Austria Salzburg und Wacker Insbruck, das auf dem Sportplatz des Floridsdorfer Athletik Club in Wien ausgetragen wurden. Denn der Platz der Austria soll wohl nich den Sicherheitserfordernissen der Österreichischen Bundesliga entsprechen. Warum der FAC Dorfacker besser geeignet sein soll, erschloss sich mir aber nich. Aber die Offiziellen werden schon wissen, warum sie dem einen Verein Sicherheitsstandards attestieren können und dem anderen eben jene verweigern. Vielleicht wissen sies aber auch nich und losen einfach. Wer weiß…

Austria Salzburg vs. Wacker Innsbruck 1:0

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circa 1.200 Zuschauer*innen

Der Spieltag mit Wacker begann für uns mit dem Zustieg in den Railjet Schnellzug und ein paar Minuten Restfahrt bis zum Wiener Hauptbahnhof. Der erste Eindruck der Insbrucker*innen versprach nix gutes. Die meisten warn mächtig angeschlagen. Offenbar hatten sie versucht, sich in kürzester Zeit soviel reinzulöten, bis sie in echter Hoasz-Stimmung aufs Derby warn. Angekommen im Wiener Hauptbahnhof wurde in eine S- / Regionnal-Bahn gewechselt, die für einen eigentlich 10 minütigen Weg gefühlt eine Stunde brauchte, weil eine anderer Weg um die Stadt rum nach Florisdorf gewählt wurde. Dort angekommen vermumte sich erstmal die Hälfte der Leute und es ging raus zum circa 20 minütigen Fußweg zum Stadion, der von massenweise Cops begleitet wurde. Die hielten sich zurück und störten sich übrigens weder an der Vermummung noch an der Pyrotechnik, die permanent gezündet wurde. Am Sportplatz angekommen – ich weigere mich den FAC Acker als Stadion zu bezeichnen – hieß es in der Kälte warten. Denn der Einlass war sehr penibel und langwierig, was aber nich verhinderte, dass Pyro in den Gästeblock geschmuggelt werden konnte.

Der Gästeblock war übrigens fast komplett in schwarz. Die vier relevanten Gruppen Verrückte Köpfe, I Furiosi, Unterland und Wacker Unser stellten sich vor der überdachten, kleinen Stahlrohltribünen auf. Vier Vorsänger*innen, eine*r von jede*r Gruppe, standen auf dem Platz vor den Werbebanden. Das Repertoire von Wacker war ziemlich einseitig und wurde oft wiederholt. Abstoßend fand ich vor allem die Haszgesänge gegen Austria, in der neben Hepatitis A, Evola, Tripper und anderen Krankheiten den Salzburger*innen in letzter Konsequenz der Tod gewünscht wurde. Letzte sollen aber auch nicht viel kreativer in ihren Anti-Wacker-Chören sein. Da findet sich dann schon mal homophobe und antiziganistische Beschimpfungen. Vom Auftritt war Austria aber klar besser – mehr Gesänge, mehr Fahnen, die ganze Zeit Dynamik im Block. Bei Wacker sahs eher mau aus. Die Gesänge wurden meistens nur von der Hälfte der anwesenden circa 400 Fans getragen. Fahnen gabs kaum. Nur Pyro wurde beinah permanent, aber leider völlig unkoordiniert und unmotiviert gezündet. Schade!

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Das Spiel selbst war grottig. Bloß gut, daß am nächsten Tag die Vienna und der Wiener Sportklub sportlich offensichtlich mehr vor hatten und zeigten. Aber ich will nich vorgreifen… Wacker war echt zu dämlich überhaupt gefährlich vors Tor zu kommen und vertändelte den Ball meistens an der Strafraumgrenze. Selbst mit einem Aktiven mehr, ging der Ball einfach nich rein. Austria, bereits jetzt schon als Absteiger feststehend, war etwas cleverer. Sie verteidigten mit allem, was ging, das Gehäuse nachdem sie in der ersten Hälfte den Ball über die Linie gestochert hatten und führten.

Die Rückfahrt nach fast einer Stunde Blocksperre verlief entspannt. Nervig war nur, dass mensch sich irgendwie an den Cops vorbei mogeln musste, um nich mit nach Insbruck zu müssen. Hat am Ende aber doch ohne Probleme geklappt. Nach Kälte und Hoasz! sollte jetzt verdient entspannt werden. Und zwar in’er Vienna WG, wo wir übernachteten, und leckerer Borghetti und ne Babelsberger Hopper*innen-Crew auf uns wartete.

Wiener Sportklub vs. First Vienna 0:2

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circa 7.800 Zuschauer*innen

Der folgende Tag stand ganz im Zeichen des Dörbi. Für beide Fanszenen dürfte dieses Spiel das Highlight der Saison sein. Denn es durfte mit ner einigen Zuschauer*innen, ner netten Kulisse und Fußball auf ordentlichem Niveau gerechnet werden. Die Medien mögen dieses Spiel ebenfalls besonders gern. Deshalb wurde es nämlich vom Freitag Abend, an dem es zunächst terminiert war, auf den Samstag Abend verlegt. Damit der ORF es zeigen und ordentlich vermarkten konnte. Das ausgedachte Label für das Dörbi dürfte ebenfalls einziges zur Popularität des Spiels beigetragen haben. Denn statt Hoasz!, wie einen Tag vorher, wurde diesem Aufeinandertreffen Wiener Rivalen das geschiss’ne Attribut Liebe verpaßt. Aber lassen wir das…

Erster Treffpunkt der First Vienna war die Hohe Warthe um 15 Uhr. Dort traf sich bereits 4 ½ Stunden vor Anpfiff die aktive Szene, sortierte das Material und die Choreo sowie stimmte sich bei Ottakringer, Gösser, Sekt und anderen Kaltgetränken auf das Spiel ein. Nach einer Stunde gesellten sich weitere Vienna Leute hinzu, die direkt von’nem Heurigen Ausflug zum Treffpunkt kamen. Kurz vor fünf gings gemeinsam zum Bahnhof und in die S-Bahn nach Hernals. Dort angekommen hieß es wieder warten, Leute begrüßn, schnackn, trinken… Ihr kennt das… Kurz vor sechs zogen die Vienna Fans dann gemeinsam im schicken Corteo zum Wienersportklubplatz, direkt vorbei an der heimischen Friedhofstribüne. Das Frontbanner verwies mit „Asoziale Döblinger“ nicht nur auf das Motto zum Dörbi. Dementsprechend wurde ordentlich gezündet und der WSK beschimpft. Nich so schäbig, wie bei Wacker (oder Austria). Eben mit nem bißchen mehr Wiener Schmäh. Wie zum Beispiel mit der Tapete „Weg mit diesem Acker! Mehr Platz für Fiaker“, die etwas holprig auf die desolate Substanz der Friedhofstribüne und den Gegengraden sowie den jahrelangen Bemühungen des WSK um einen Neubau.

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An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass weder in Döbling an der HoWa, am Bahnhof, auf der Fahrt oder beim Fanmarsch irgendwelche Polizei zu sehen war. Selbst am Einlass zum Stadion trieben sich nur ein paar Streifencops rum. Außer kurz vor Anpfiff patrouillierten zwei Bereitschaftler*innen durch den Gästeblock, verschwanden dann aber ganz schnell. Negativ erwähnt werden muss, dass es für den gesamten Gästeblock lediglich eine Toilette für Frauen gab. Außerdem tauchte ein gewisser Babelsberger Jungautor* samt Begleitung, obwohl ich mich um Tickets gekümmert hatte, erst ziemlich spät und ziemlich angeschlagen auf. Wenn ich fies wäre, würde ich behaupten, dass er mich ein wenig an die Wacker-Leute vom Tag vorher erinnerte. Aber ich bin ja nett und würde so was nie behaupten…

Aber komme wir zum Spiel. Es ging pünktlich um 19:30 Uhr los. Die Friedhofstribüne versuchte sich am 25. Geburtstag mit einer Zettelchoreo, die aber nich so richtig funktioniert hat. Eigentlich sollten links und rechts schwarze und in der Mitte weiße Zettel hochgehalten werden, die im Block die Farben des Wiener Sportklub ergeben sollten. Das schwarze war allerdings kaum zu erkennen und in der Mitte ergab sich eher ein Kreis, als das ein weißer Streifen zu erkennen war. Deshalb hab ich mich einige Zeit gefragtr, was das sollte, und erst ein Blogbeitrag klärte das Rätsel auf. Die Wanderers auf der anderen Seite zeigten das große First Vienna Wappen aus der großen Choreo zu Hause, die über die gesamte Tribüne ging, und hatte relativ große, blaugelb karierte Fahnen verteilt, die ganz gut angenommen wurden. Vom Gefühl her, kam das ganz gut. Auf Bildern siehts aber leider nur mässig aus. Die Fahnen warn dann wohl doch zu groß…

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Das Dörbi wurde aber nich nur auf den Rängen sondern auch aufm Rasen ernst genommen. Die Vienna hatte offensichtlich einiges vor und kombinierte sich eins ums andere Mal vor den Kasten des WSK. Schon nach wenigen Minuten stands 2:0 für die Gäste. Vienna wollte aber offensichtlich mehr und kam zu weiteren Chancen. In der zweiten Hälfte schien der WSK besser sortiert und verteidigte sehr viel besser. Die Vienna tat sich nun schwer und geriet durch Konter mehrfach mächtig unter Druck. Es entwickelte sich jetzt ein hochklassiges und spannendes Spiel, was absolut nich nach Dritter Liga aussah – übrigens auch auf den Rängen. Dort gings nämlich zumindest im Gästeblock ganz gut ab. Typisch Vienna mit traditionellem englischen Support, der sehr oft sehr laut sowie manchmal leiser und chaotisch war. Nach Abpfiff und drei wichtigen Punkten, die zur Spitze in der Meisterschaft verhalfen, wurde ordentlich mit dem Team gefeiert. Hatte es während des Spiels noch ein bißchen Stunk wegen Pyro im Block gegeben, der von nem Vorstandsmitglied der Vienna provoziert wurde, holte sich der Präsident höchstselbst eine Wanderers Fahne, um auf dem Rasen damit zu feiern. Das Team war ebenfalls so was von am Ausrastn… Wahnsinn!

Bussl und Baba

Nach Verlassen des Stadions war ich ziemlich hinüber. Frühaustehn beim Hinflug und das bevorstehende Frühaustehn am nächsten Tag forderten ihren Tribut. Die Einladung zur Soli-Party für ein Mitglied der Antifa Döbling und unsere*r Gastgeber*in musste ich leider ausschlagen. Deshalb gings nach lecker Abendessen in die Koje und am nächsten Tag total zerstört wieder zurück nach Berlin… Ich möchte mich an dieser Stelle ganz ganz herzlich bei M & J sowie I & B bedanken, die sich so nett um uns gekümmert haben. Ihr seid wahnsinnig liebe Menschen und ich hoffe, wir sehn uns bald wieder. Zum Beispiel zum Ultrash… Danke Wanderers, dass wir mit euch zusammen bei diesem Dörbi sein durften! Und danke Vienna, ihr habt ein grandioses Spiel abgeliefert. Danke Wien!

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