Wat‘n Theater XLVII – Black is beautiful
So Leute. Die Sommerpause is vorbei. Die Saison kann beginnen. Heute kommen die Bubis aus der Vorstadt ins KarLi. Es wird also zumindest im Gästeblock nich‘ besonders viel los sein. Ganz im Gegenteil zum Sommer. Wobei Sommer. Statt Sonne gabs in den letzten Woche eher mächtig Feuchtes in allen Formen von oben. Und selbst wenn es doch mal ausnahmsweise Sonnenbrillenwetter gab, wurde es naß. Ihr habt bestimmt schon bemerkt, worauf ich hinaus will. Mir brennt es nämlich immer noch in den Finger, ob der Scheiße, die in der ach so weltoffenen Hansestadt abgegangen is.
Darüber wurde zwar schon so viel geschrieben. Einiges war unglaublich wichtig und richtig. Das meiste aber ziemlich scheiße. Allen voran schüttete vor allem Springer & Co die trübste Brühe über tausende Bewohner*innen, Gäste und Aktivist*innen. Politiker*innen, die allen anwesenden Politverbrecher*innen ihre Flosse hinhalt‘n, phantasierten sich widewitt ihre eigene Welt zusammen. Und einige Vollpfosten sammeln den Lynchmob. Manche wollen sogar noch krasser als die Scharia sein und fordern die Todesstrafe für Sachbeschädigung und Diebstahl.
Da freuen sich die Spießbürger*innen. Da feiert das Establishment. Und die uniformierten Gewaltverbrecher*innen geraten in Ekstase. Schließlich haben sie alle geschafft, was sie wollten. Ihre Taktik zur Kriminalisierung einer anderen Welt ist aufgegangen. Das Bild der vermeintlich südländischen Barbaren und französisch unzivilisierten Revoluzzer*innen beziehungsweise noch kruder der „linksfaschistischen“ Polit-Hooligans, die eine arme, offene, freundliche, unschuldige Stadt in Schutt und Asche gelegt haben sollen, ist erfolgreich etabliert. Alles wird mit diesem Müll zugeschissen. Die Angriffe, die Rechtsbrüche, der Diebstahl und die Sachbeschädigung sowie die exzessive Polizeigewalt gegen Anwohner*innen, Gewerbetreibende, Demonstrant*innen, Aktivist*innen und Journalist*innen, all das begangen von Cops, geschürt, geduldet und gerechtfertigt durch die Politik, all das lässt sich mit dem ultimativen und ungehorsamen Satan Black Block beiseite schieben. Diese Diffamierung und Stigmatisierung erstickt jede Kritik und Aufarbeitung. Bei Maischberger konnte das widerlich eindeutig übrigens anhand von diesem Bosbach-Clown beobachtet werden….
Seitdem die Kriminalisierung durch Stigmatisierung so vorzüglich geklappt hat, wird nun die ominöse Kuh Distanzierung durch‘s Mainstream-Dorf getrieben. Allerdings sollen sich alle nicht von einer militanten Taktik distanzieren, denn der Black Block is nich mehr, aber auch nich weniger. Auch die sinnentleerte Gewalt is nich das Thema. Die dumpfe Zerstörungswut interessiert auch nich. Vielmehr werden Freiräume attackiert. Es soll jeder gelebten sozioökonomischen Alternative abgeschworen werden. Und schließlich wird jede linke Position mit Argusaugen gemustert, um im niemals passenden Moment zuschlagen zu können.
Das Ziel is klar. Denn es soll schließlich nur der grenzenlose Kapitalfluß beziehungsweise der unbedrängte Freihandel gewährleistet werden. Grenzenloser und internationaler Protest dagegen wird in der Logik der Schergen des Kapitals eliminiert. Dieser Gipfel selbsternannter „Großer“ war ein Angriff auf die Menschen und ihre höchstpersönliche Existenz. Um die eigene Performance der Staatszerlegung zu verschleiern, musste etwas performative Stadtzerlegung her. Damit keine*r über die Gewalt der staatlichen Abgesandten nachdenken konnte. Denn was is schon eine kaputte Scheibe, ein geplünderter Laden oder ein paar brennende Barrikaden, wenn sie der Entwertung von Lebensmitteln, den zerstörenden Derivaten, Optionen und Finanzwetten, der weitestgehend unsichtbaren und elektronischen Gewalt gegenübergestellt wird. Aber darüber muss keine*r mehr reden, wenn sich die Lampenputzer*innen-Revoluzzer*innen echaufieren und die Söldner*innen des Kapitals feixen können.
Diese Kolumne wurde im Ultra Unfug #247 veröffentlicht.
Schlagworte: Black Block, G20, Hamburg, Wat'n Theater