Com’on gegen Homophobie im Stadion!

Nach der gestrigen Heimpleite von Amaranto zu Hause konnte es heute eigentlich nur ein schönerer Tag werden. Es fing auch ganz gut an. Ich hab einiges zu Hause geschafft – diesmal nich‘ in Bezug auf die Steigerung des Wohlfühlfaktors durch Putzen – die S-Bahn sollte regulär fahren und mit dem Besuch des Wanderbanners Fußballfans gegen Homophobie im Karl Liebknecht Stadion galt’s auch ein wichtiges Anliegen zu unterstützen. Außerdem kam mit den Tifos* aus Darmstadt eine Fanszene, die ich eigentlich immer als symphatisch in Erinnerung hatte. Leider kam’s dann aber doch anders.

Und es ging schon früh los. In der U-Bahn lief noch alles super. Aber kaum ging’s ans Tageslicht machte die Drecksbahn, wie ich sie seit dem letzten Spiel gegen Osnabrück liebevoll nenne, wieder mal schlapp. In Charlottenburg war noch alle’t in Ordnung. Aber schon beim unplanmäßigen Zwischenhalt in Westkreuz hatt‘ ich ’nen schlechtes Gefühl, das sich in Nikolassee bestätigen sollte. Die Drecksbahn machte ihrem Ruf alle Ehre und fuhr nich‘. Warum auch. Warten macht ja schließlich mehr Spaß. Und Menschen in ’ner Scheiß-Bahn warten oft und lange… Auf der Rückfahrt sah’s nich‘ anders aus. Wieder warten – was sonst. Auf irgendwelche vorausfahrenden Züge. So’n Mist! Wo soll’n diese geheimnisvollen Züge denn herkommen auf ’ner eingleisigen Strecke. Woher?! Diese Drecksbahn….

In Babelsberg angekommen wurde es dann aber schlagartig schöner. Der Darmstädter Ultras-Mob machte sich lautstark bemerkbar. Ich dachte erst, es müßten der Lautstärke nach weit über fünfzig angereiste Hess*innen sein. Deshalb war ich dann schon ’nen bißchen enttäuscht, als ich doch nur so an die 30 Darmstädter*innen in Richtung Stadion flanieren sah. Die war’n dann schnell auch nich‘ mehr ultràlaut, sondern handzahm. Übrigens sollte sich diese Unfähigkeit mal so richtig enthusiastisch, emotional und laut durchzuhalten in der Kurve wiederholen. Der Support im Gästeblock begann noch vor dem Spiel sehr laut. Die witzige Vereinshymne, nämlich der Liliencalypso, setzte chorische Energien frei, die mir sehr gefallen haben. Davon war später aber nich‘ mehr soviel zu hören.

Daß die Gäste schnell verstummt sind, lag aber nicht nur am schlechten Fußball der eigenen Mann*schaft, sondern offensichtlich auch an Meinungsverschiedenheiten, wie die Gegner*innen adäquat beschimpft werden dürfen. So wurde der Babelsberger Torwart Daniel Zacher von etwa 8-10 Exklusionsfetischist*innen homophob beschimpft. Den Darmstädter Ultras, die etwas höher in der Kurve standen, hat das gar nicht gefallen. Nach einem minutenlangen, wild gestikulierend und breit ausgetragenem Disput kam es dann doch noch kurz zu Schubsereien. Danach war erstma‘ Ruhe im Gästeblock. Zumindest solange bis die tüchtigen Homophobiker*innen auf der anderen Seite des Zauns nach sportlicher Betätigung suchten, aber keine*n zum kuscheln fanden.

Und wo wir grad so schön beim liebhaben sind und bei denen, die einfach nich‘ genug von Vollkontakt krieg’n können, komm‘ ich mal auf die bisher sehr erfolgreiche Aktion Fußballfans gegen Homophobie zu sprechen. Mit den Organisator*innen hatten wir ja schonmal vor einiger Zeit ein Interview per e-Mail geführt und jetz‘ ham‘ wa‘ ’se endlich auch mal geseh’n. Sehr nett, muß ich sag’n. Wirklich sehr nett! Und die homophobe Scheiße in der Gästekurve zeigt, wie wichtig es ist auf die letzte Bastion der Ausgrenzung hinzuweisen. Rassismus und Antisemitismus sind in den meisten Szenen – bis auf die mit dem großen D im Wappen – weitestgehend Tabu. Sexismus gibt es immer wieder, wird aber ebenfalls breit problematisiert und kritisch hinterfragt. Bei Homophobie sieht es aber selbst in vermeintlich „linken“ Kurven anders aus. Soweit geht die Emanzipation dann doch nich‘. Die Gegner*innen sind, wenn sie schon nich‘ sexistisch zu schwachen ‚Frauen‘ gemacht werden dürfen, eben „Schwuchteln“.

Das Wanderbanner der Aktion hing übrigens in der ersten Hälfte im Ostblock und in der zweiten Halbzeit in der Nordkurve. Die Ultras Babelsberg hatten keine eigene Choreo gemacht. Das Filmstadt Inferno dagegen zeigte zu Beginn der zweiten Hälfte eine Tapete zum Thema und hatte schon vorher entsprechend auf die homophobe Scheiße im Gästeblock reagiert. Die Intervention der Ultras Darmstadt gegen die Homophobiker*innen in den eigenen Reihen sollte in diesem Zusammenhang, quasi als direkte Aktion gegen Homophobie im Stadion, ebenfalls nicht vergessen werden. Top!

Fußball wurde übrigens auch gespielt. Nich‘ viel muß ich sag’n. Aber ein paar Minütchen war’n’s dann schon. Die erste Hälfte braucht eigentlich gar nich‘ erwähnt zu werd’n. Fünfundvierzig Minuten passierte, bis auf den Elfer gegen Zacher, den er selbst verursacht hatte, wenig. Die Darmstädter*innen standen hinten sicher. Die Babelsberger*innen verzweifelten an dem Fünferriegel. Sie fanden einfach nich‘ den richtigen Dietrich um in‘ Strafraum zu kommen. Gefahr gab’s nur bei Standards. Gegen die Guten nutzten die Darmstädter*innen fiese Konter. Einer führte dann auch zum Elfer. In der zweiten Hälfte gab’s dann wirklich einiges zu seh’n – nämlich den schon bekannten Fünferriegel, einen Elfmeter, der aber als Abseits gepfiffen wurde, übermotivierte Spieler*innen auf beiden Seiten, haufenweise Karten und glücklicherweise auch den verdienten Ausgleich für den SV Babelsberg. Zum Siegtreffer hat’s dann trotz Einsatz aufgrund von Ideenlosigkeit nich‘ gereicht. Leider!

Der Support orientierte sich heute leider am langweiligen Kick auf dem Rasen und dem ungemütlichen Wetter. Die erste Hälfte war zwar nich‘ die schlechteste, die ich bisher erlebt habe, aber die mit dem geringsten Durchhaltevermögen. Nur der Fahneneinsatz am Anfang und der Capo-Kurve Wechselgesang kam gut und laut. Danach bemühten sich die beiden Vorsänger darum das Feuer der Ultrà-Leidenschaft zu entfachen (wollt ick schon immer ma‘ schreiben) scheiterten aber leider an den fröstelnden Ultras in der Kurve. In der zweiten Hälfte sah’s dann schon ’n bißchen besser aus. Der erste Höhepunkt war’n auf jed’n Fall die beiden Nachwuchs Capos, die textsicher und mit einem guten Gespür für die Stimmung in der Kurve jedesmal den richtigen Chor ansangen. Kompliment an die beiden!

Leider konnte diese Euphorie danach nich‘ mitgenommen werden. So richtig turbulent wurde es erst, als ein Babelsberger am Boden lag und kurz danach ein Darmstädter aus irgendwelchen Gründen umfiel. Letzterer hatte scheinbar einen Schwächeanfall, der ihn zuerst dazu motivierte Ronny Surma umzuwerfen, um dann selbst bei einem lauten Wort des Babelsbergers zu Boden zu gehen. Und als ob sie das Geschehen in der Gästekurve nachstellen wollten, rangelten die Kontrahenten ein bißchen, bis beide gemeinsam Duschen geschickt wurden. Nach dem nicht gegebenen Elfer wurde es wieder laut in der Kurve. Wut und Frust hatten dafür gesorgt, daß nun doch ein paar mehr aufwachten und vor allem gemeinsam supportet wurde. Hat aber auch gedauert… Aber besser spät als nie!

Als Fazit muß ich sag’n, hat mir dieser Nachmittag und frühe Abend mal wieder trotz der Drecksbahn und dem lange langweiligen Spiel gefallen. Die letzten Minuten und die ausgelassene Freude nach dem Ausgleich ham einiges wett gemacht. Bis zur Fahrt mit der Scheißbahn nach Hause ging’s mir dann auch ganz gut. Vor allem nach dem ich ’nen Klo im Rathaus gefunden hab… Aber davon ein anderes mal vielleicht mehr.

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1 Kommentar zu „Com’on gegen Homophobie im Stadion!“

  1. Com’on gegen Homophobie im Stadion! « LOVE FOOTBALL, HATE RACISM! sagt:

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