Frühling, Sonne, KarLi!
Frühling, jede Menge wärmende Sonnenstrahlen, ’nen volles Stadion und ein gut gefüllter Gästeblock – das konnte nur ein schöner Nachmittag werden.
Wenn die Mensch*schaft1 mitgemacht hätte. Hatt’se aber nich‘! Und deshalb gab’s nur einen Punkt, der kurz vor’m Abpfiff sogar beinah noch flöten gegangen is‘. Schon ’ne Frechheit sich vor einer derartig lauten Meute in der Kurve und den euphorisierten Fans im ganzen Stadion mit ’nem läppischen Punkt abzufinden. Naja, woll’ma ma‘ nich‘ so sein und uns über die genialste Stimmung, die wir je in der Nordkurve erlebt haben, freuen und ein bißchen genauer erzählen, was so los war.
Die Fahrt nach Babelsberg ging schon hübsch los. Diesmal war’n wir nich‘ mit den 03nuller*innen unterwegs, sondern ham uns Berliner St. Paulianer*innen und Red Zombies Untoten angeschlossen. Bei netten Klön über glorreiche Zeiten, zum Beispiel Didi Demuth und Stani bei St. Pauli, und ’nen paar Kilkenny und Guinness auf den St. Patricks Day – die alkoholischen Getränke nich‘ für mich – verging die Zeit in der (Scheißdrecks-) Bahn ziemlich schnell. Bei so viel Vorfreude und entspannten Vibes nervte die völlig überzogene Polizeipräsenz am Bahnhof Babelsberg auch nich‘ sonderlich. Obwohl mir noch kurz durch den Kopf ging, warum die gut gepolsterten Damen und Herren Schutzmensch*innen nich‘ vor zwei Wochen so motiviert war’n für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Aber so schnell, wie der Gedanke da war‘, verschwand er auch wieder…
Diesmal ging’s für uns und unsere Begleiter*innen direkt ins KarLi – ohne kurzes Verschnaufen im Fanladen. Koffein hatte ich sowieso schon jenuch intus. Noch ’ne Portion Ostcola hätte mich wahrscheinlich zum nervösen Wrack verwandelt. Muß ja nich‘ sein. Und der Soli-Brunch war auch schon vorbei. Also, gleich ab in’ne Kurve und einstimmen. Und da war’s mächtig voll. Schon ’ne halbe Stunde vor Anpfiff hingen die Banner. Die kleinen und großen Ultras wirbelten mächtig rum. Das Material mußte sortiert und verteilt werden. Die ersten Kletterversuche am Zaun wurden gestartet und der Supportmob sang sich leise ein.
Zum ersten Mal so richtig laut wurde es bei Schabulkes Babelsberg-Hymne 14482. Die Nordkurve sang lauthals. Der erste Hammermoment an diesem Nachmittag! Ich will nich‘ die berühmte Gänsehaut bemühen… Die war aber spätestens beim Refrain da. So laut hab‘ ich den bislang noch nie erlebt. Gefühlt die gesamte Gegengrade muß da mitgesungen haben. Bei den Strophen muß aber dringend an der Textsicherheit gearbeitet werden. Vielleicht kann der Text irgendwo veröffentlicht werden. Ich hab ihn bisher auch nich‘ gefunden. Dann klappt’s bestimmt auch durchgehend mit der chorischen Liebeserklärung an den Kiez und den Verein… Aber egal, der Refrain hat’s rausjerissen! Mir wird jetz‘ noch ganz anders, wenn ich‘ dran denke!
Die Anfangschoreo paßte im Übrigen super zur Stimmung in der Kurve. Das riesen Herz war schon früh zu sehen. Und es war echt enorm! Zum Einlauf der Mensch*schaften gab’s hinter dem Herz ein Meer aus blau und weißen Fähnchen sowie Doppelhalter mit dem Nulldrei-Logo. Gleichzeitig sang die Kurve mächtig laut und zeigte gleich ma‘, was heute von den Rängen noch zu erwarten war. Sah echt schick aus und klang ordentlich! Und so gab’s den zweiten unvergesslichen Moment und die berühmte… ihr wißt schon, wat ich meine.
Dann ging endlich das Spiel los. Drei Punkte gegen den Abstieg mußten es unbedingt sein – für beide Mensch*schaften. Jena is‘ schon ganz unten, Babelsberg macht sich zielstrebig auf den Weg dorthin. Deshalb war’n drei Punkte Pflicht. Zunächst sah’s auch so aus, daß sowohl die Nulldreier*innen als auch die Zeisser*innen darauf Wert legten Fußball zu spielen. In’ner ersten Halbzeit ging es gut hin und her. Um jeden Ball wurde verbissen gekämpft. Die Gäste kamen hierbei auch ma‘ in die Nähe des Babelsberger Strafraums, aber auch nich‘ weiter. Die Torschüße gingen weit über’s Gehäuse, das wieder von Unger bewacht wurde. Etwas besser stellten sich da die Nulldreier*innen an. Sie kamen wenigstens ma‘ in den Torraum, schoßen dann aber doch daneben.
In’ner ersten Hälfte hätte Babelsberg auf jeden Fall vorlegen müssen. Chancen gab’s, die wurden aber dämlich vergeben. Die zweite Hälfte begann aus Sicht der Gastgeber*innen auf dem Platz und auf den Rängen wieder euphorisch. Auf dem holprigen Irgendwannmalgrün stürmten die Nulldreier*innen für circa 5 Minuten, trafen nich‘ und tauchten dann für den Rest des Spiels zunehmend ab. Die Päße wurd’n entweder in den Rücken gespielt, kam’n nich‘ mehr an oder es war gar keine*r da, um sie zu verwerten. Die Jenaer*innen stellten sich aber genauso blöd an, vertändelten den Ball und schossen ihn lieber gleich zu den Babelsberger*innen… Gruselig!
War die Stimmung in’ner Kurve lange verdammt gut – so wurden mehrfach Gesänge von den unorganisierten angestimmt und aufgenommen – kippte sie so circa zehn Minuten vor Spielende. Eigentlich wäre’s zu diesem Zeitpunkt verdammt wichtig gewesen die elf Nulldreier*innen auf’m Rasen zum Sieg zu brüllen, aber ein groß Teil der Kurve verweigerte sich. Ich für mich kann nur sag’n, ich hatte irgendwann auch keinen Bock mehr. Es sah echt so aus, als ob die Blauweißen auf’m Rasen überhaupt kein Tor machen wollten. Sie drückten nich‘ mehr. Versuchten es einfach gar nich‘ mehr vor’s Tor der Jenaer*innen zu kommen. Die Einwechslungen kamen viel zu spät und brachten gar nix. Irgendwann dacht‘ ich mir, die woll’n gar nich‘ gewinnen. Die spiel’n auf ein Remis! Und sowat brauch echt kein Mensch!!! Tja, und so war’s dann aus mit’nem Support. Schade!
Aber dennoch muß ich sag’n, im Großen und Ganzen war das gestern der schönste Nachmittag seit wir ins KarLi geh’n. Der chorische Gesang scheuchte einen Schauer nach dem and’ren durch’s Gemüt. Sich da raus zu halten, ging gar nich‘. Dementsprechend war die Mitmachquote enorm. Die Vorsänger*innen, auch wenn sie sich mal echaufierten und prompt für noch lauteren Gesang sorgten, war’n eher für die Organisation des chorischen Spektakels und die Synchronität verantwortlich, als das sie vorgaben. Es lief – zumindest auf den Rängen bis zur besagten 80. Minute – einfach von allein. Ein Kurvenevergreen nach dem anderen zündete mächtig… Apropos zünden, Böller, wie im Gästeblock zu Beginn des Spiels, geh’n gar nich‘. So’wat nervt nur. Und wo, wa‘ schon ma‘ beim Gästesupport sind. Der hielt sich auffällig in Grenzen. Der Fahneneinsatz sah zu Beginn der ersten und zweiten Hälfte ganz gut aus. Die Chöre war’n auch ab und zu ma‘ zu hör’n. Aber eigentlich hatt‘ ich mehr von der Horda mehr erwartet. Naja…
Der hübsche Nachmittag war für uns aber noch nich‘ zu Ende. Wir war’n gestern das erste mal in der Gartenlaube zum Bier. Sehr nett da. Bis auf die volltrunkenen Möchtegerngroßgrundbesitzer*innen war’s entspannt und gemütlich. Danach ging’s auf ’ne Pizza zum Bahnhof, wo wir uns sehr, sehr nett mit’n Zujezogenen und einigen Leipziger Chemiker*innen unterhalten hab’n. Tolle Sache, die sie da in’ner Landesliga veranstalten. Deshalb auch von uns viel Glück in Eilenburg… Nach ein paar Bier – denn nach’m Spiel is‘ das leckere Kaltgetränk erlaubt, vorher nich‘ – hochphilosophischen Gesprächen über die Oktoberrevolution, Stalin, Trockij und die anderen Mörder*innen aber vor allem über die Vorzüge des chorischen Gesangs, machten wir uns zu später Stunde auf den Weg nach Hause. Mit vielen neuen Momenten im Gepäck und Lust auf mehr. Und zwar auf die Auswärtsfahrt nach Osnabrück! Da sind wir auf jeden Fall dabei!
Erwähnenswert is‘ vielleicht noch, daß für Partizan Minsk / MTZ Ripo ordentlich Schotter zusammengekommen is‘. Die Jungs und Mädels in Belorus könn’n aber auch zur Zeit jeden Cent bitter gebrauchen. Also, wer noch spenden will, hier gibt’s nähere Informationen. Und wo wa‘ schon bei Solidarität sind – die Genoss*innen aus Nizhni Novgorod brauchen ebenfalls Unterstützung. Sie wehren sich gegen krude Konstruktionen der russischen Sicherheitsbehörden. Mehr dazu hier.
1 Auf die Idee, daß selbstverständlich das „Mann“ in Mann*schaft ebenfalls eine patriachale Sprache reproduziert und so hegemonial festigt, hat mich ein einzelner, äußerst eloquenter Ultrà und Pyromane gebracht. In Zukunft werd‘ ich ma‘ probier’n, wie sich’s anfühlt.
Bei der Kommentarfunktion kämpf ich weiterhin mit der Anpassung. Solange das Captcha da ist, einfach mal probieren, ob’s klappt. Falls Scripte gesperrt werden, dann sollte für das Captcha zumindest google zugelassen werden… Aber ich bin weiter dran das Ding auszuschalten. Aber es wehrt sich noch.
Schlagworte: Bilder, Dritte Liga 2011 / 12, Fi'99, Karli, Nordkurve